Ministerin Scharrenbach und Minister Laumann: Erneut grenzübergreifende Kontrollaktion gegen ausbeuterische Wohn- und Arbeitsverhältnisse – schwarze Schafe haben in Nordrhein-Westfalen keinen Platz

5. November 2023
PHB Bauarbeiter

Bei einer weiteren grenzübergreifenden Kontrollaktion in der Stadt Kleve und der Gemeinde Kranenburg im Kreis Kleve am Samstag und Sonntag, 4./5. November 2023, ist die Landesregierung Nordrhein-Westfalen erneut mit nordrhein-westfälischen und niederländischen Behörden gegen ausbeuterische Leiharbeitsfirmen vorgegangen.

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Bei einer weiteren grenzübergreifenden Kontrollaktion in der Stadt Kleve und der Gemeinde Kranenburg im Kreis Kleve am Samstag und Sonntag, 4./5. November 2023, ist die Landesregierung Nordrhein-Westfalen erneut mit nordrhein-westfälischen und niederländischen Behörden gegen ausbeuterische Leiharbeitsfirmen vorgegangen.

Ziel der groß angelegten Kontrolle war es, den Schutz von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern vor ausbeuterischer Unterbringung sicherzustellen sowie illegale Strukturen aufzudecken. Aufgrund der Zusammenarbeit mit der European Labour Authority konnten die Behörden dabei auf die Mithilfe des polnischen und rumänischen Arbeitsschutzes bauen. Die Kontrollaktion wurde vom Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen initiiert und koordiniert und in Zusammenarbeit mit der Arbeitsschutzverwaltung durchgeführt. Zuvor gab es bereits vier weitere großangelegte Kontrollaktionen im deutsch-niederländischen Grenzgebiet.

„Im Land Nordrhein-Westfalen werden keine ausbeuterischen Arbeits- und Wohnverhältnisse geduldet: Mit der erneuten Kontrollaktion im Kreis Kleve ist es gelungen, rund 75 betroffene Leiharbeitnehmer in sicheren und angemessenen Wohnungen unterzubringen. Zum Teil wurden leib- und lebensgefährdende Zustände aufgedeckt, weshalb sie direkt geschlossen wurden. Mit dem grenzübergreifenden Netzwerk hat die Landesregierung Nordrhein-Westfalen den Kommunen ein starkes Werkzeug gegeben, um schlagkräftig gegen menschenunwürdige Unterbringungen von Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern vorzugehen. Nur so kann auf Dauer ausbeuterischen Vermietern und Arbeitgebern das menschenfeindliche Handwerk gelegt werden. Wir lassen nicht locker und bleiben weiter dran – Hand in Hand mit den Kommunen“, sagt Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen.

„Der nordrhein-westfälische Arbeitsschutz hat Leiharbeitsfirmen im Fokus, die ihre Beschäftigten durch menschenunwürdige Unterkünfte bei extrem hohen Mieten als Arbeitskraft ausbeuten. Gleich wo die Firmen ihren Sitz haben, ob in Deutschland, den Niederlanden oder in Polen, die Unterkünfte für Arbeitskräfte müssen den geltenden Arbeitsschutzbestimmungen entsprechen. Dafür werden wir weiterhin sorgen. Mit der konsequenten Überwachung der Arbeitsschutzbestimmungen in Unterkünften und der Anhebung des Kontrolldrucks sorgen wir dafür, dass ausbeuterische Strukturen beendet werden“, so Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen.

Insgesamt haben die beteiligten Behörden in Kleve sowie Kranenburg in 18 Sammelunterkünften, die der Logistik- und Verpackungsindustrie sowie Fleischindustrie zuzurechnen sind, verschiedenste Verstöße festgestellt: Angefangen bei der Missachtung von Melderechtsvorschriften und Brandschutzregeln bis hin zum Verdacht von Mietwucher. Bei den Kontrollen der Unterkünfte fanden die Ordnungskräfte in alleine 17 Wohnungen der kontrollierten Sammelunterkünfte leib- und lebensgefährdende Zustände, weshalb sie direkt geschlossen wurden. Dies umfasste unter anderem offene Stromleitungen, nicht isolierte Stromverteiler, fehlende Brandmelder und Feuerlöscher, Ausfall der Wasserversorgung, defekte Sanitäranlagen und Ausfall der Zentralheizung. Die Arbeitgeber wurden verpflichtet, rund 75 betroffenen Leiharbeitnehmerinnen und -nehmer in sichere und angemessene Wohnungen unterzubringen. In weiteren der kontrollierten Sammelunterkünfte wurden zudem erhebliche Missstände gefunden. Dies umfasste unter anderem die unzulässige Nutzung von Dachgeschossen als Schlafstelle ohne Rettungswege und Brandschutzvorkehrungen. Ein Teil der kontrollierten Sammelunterkünfte werden bauordnungsrechtlich zudem unzulässig genutzt, weshalb kurzfristig Nutzungsuntersagungen ausgesprochen werden. Insgesamt waren rund 180 rumänische und polnische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Leiharbeitsfirmen in diesen Unterkünften untergebracht. Die meisten wurden willkürlich, ohne sich zu kennen, einquartiert, abgeschottet und über ihre Mieterrechte in Unkenntnis gelassen. Die festgestellten Rechtsverstöße sollen nun ordnungsrechtlich geahndet werden. Eklatante Verstöße gegen das Arbeitsschutzrecht (Mindestlohn, Arbeitszeiten, Kündigungsschutz) werden die niederländischen Behörden zusätzlich ahnden. Dort, wo es einen Anfangsverdacht von Steuerstraftaten gibt, werden die Strafverfolgungsbehörden eingeschaltet.

Christop Gerwers, Landrat des Kreises Kleve: „Die Fortsetzung der gemeinsamen Kontrollen sendet ein klares Signal an die Drahtzieher der organisierten Ausbeutung von Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern. Unwürdige Wohnverhältnisse müssen beendet werden. Wir wollen vernünftige, angemessene und menschenwürdige Unterkünfte sehen.“

Wolfgang Gebing, Bürgermeister der Stadt Kleve: „Mit der gemeinsamen Kontrollaktion machen wir deutlich, dass es in Kleve keinen Platz für menschenunwürdige Unterbringungsverhältnisse gibt. Auch künftig werden wir weiterhin entschlossen für die Würde und Sicherheit aller hier lebenden Menschen eintreten. Mein Dank gilt dem Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen für die Koordinierung der Kontrollaktion und allen beteiligten Einsatzkräften und Behörden für die engagierte und gute Zusammenarbeit, die maßgeblich zum Erfolg der Maßnahme beigetragen hat.“

Ferdi Böhmer, Bürgermeister der Gemeinde Kranenburg: „Ich bedanke mich bei allen Beteiligten der verschiedenen Behörden für diesen außergewöhnlichen Einsatz. Mit dieser Kontrollaktion helfen wir den Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern und sorgen damit für gute Wohnverhältnisse. Auch unsere Bürgerinnen und Bürger haben Gewissheit, dass wir uns gemeinsam mit allen Behörden der Problematik stellen.“

Cosmin Boiangiu, Exekutivdirektor der Europäischen Arbeitsbehörde (E-LA): „Einige Unternehmen versuchen, sich den Kontrollen der Behörden eines EU-Mitgliedstaats zu entziehen, indem sie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jenseits der Grenze in einem anderen EU-Land unterbringen, allerdings unter inakzeptablen Bedingungen. Durch grenzüberschreitende gemeinsame Kontrollen, die von den nationalen Behörden und der Europäischen Arbeitsbehörde ELA organisiert werden, kann jedoch gegen solche grenzüberschreitenden Verstöße gegen die Arbeitnehmerrechte vorgegangen und die Arbeitsmobilität in der EU fairer gestaltet werden.“

Hintergrund – Grenzübergreifende Zusammenarbeit als wichtiger Schritt zur Bekämpfung von organisierter Ausbeutung:

  • Die grenzübergreifenden Kontrollen gehen auf eine Initiative des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen zurück. Bereits viermal fanden erfolgreiche Kontrollen im deutsch-niederländischen Grenzgebiet statt: am 12. und 13. Februar 2022 in Geldern und Emmerich, am 8. Mai 2022 in Goch, am 24. und 25. November 2022 in Gronau und Südlohn sowie am 11. Dezember 2022 in Nettetal und Brüggen.
  • Die Leiharbeitsfirmen nutzen für ihre dubiosen Machenschaften bei der Unterbringung der Arbeitsmigranten die länderspezifischen Gesetze aus. Ein Bundesgesetz verkompliziert die Angelegenheit noch einmal. Denn durch eine Sonderregelung müssen sie sich erst nach drei Monaten beim Einwohnermelderegister anmelden. Doch auch nach Ablauf dieser Frist erfolgt meist keine offizielle Anmeldung.
  • Hinzu kommt noch der Schichtbetrieb in der Fleischindustrie, sodass nicht alle Bewohner in den Unterkünften angetroffen werden können. Die Faktoren erschweren es den nordrhein-westfälischen Behörden, die Einhaltung der Brandschutzvorschriften, Bauordnungsvorschriften, des Wohnraumstärkungsgesetzes Nordrhein-Westfalen oder die Arbeitsschutzbestimmungen in Gemeinschaftsunterkünften zu überprüfen. Hinzu kommt, dass Betroffene berichtet haben, dass ihnen Lohn nicht vollständig ausbezahlt wurde, in Krankheitsfällen vereinzelt sogar gar nicht. In den Niederlanden sind allerdings Lohnabzüge für Miete und Gesundheitsfürsorge nur bis zu 25 Prozent zulässig, und auch nur, wenn den Arbeitnehmern angemessene Wohnbedingungen vom Arbeitgeber geboten werden. Durch die Unterbringung der Arbeitsmigranten und die arbeitsvertraglichen Unterlagen in Deutschland haben die niederländischen Behörden Schwierigkeiten, ihre Gesetzesvorschriften zu überprüfen.
  • Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass niederländische Arbeitsverleiher den auf deutscher Seite günstigeren Wohnraum ankaufen oder anmieten, Leiharbeitnehmer aus Südosteuropa in ihren Heimatländern oft mit falschen Versprechungen anwerben und in menschenunwürdigen Unterkünften einquartieren. Daher ist es umso wichtiger, dass die grenzübergreifende Zusammenarbeit in diesem Bereich intensiviert wird.

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