Landesregierung regelt die Tarifentgeltsicherung und schafft Erleichterungen bei öffentlichen Vergaben des Landes

Minister Laumann: Die Landesregierung will die tarifliche Entlohnung bei öffentlichen Vergaben stärken/Ministerin Neubaur: Wenn aus Steuereinnahmen Straßen saniert, Brücken gebaut oder Dienstleistungen beauftragt werden, setzen wir für Nordrhein-Westfalen

11. Dezember 2025
Baustelle Absperrung Bagger

Die Landesregierung hat am Dienstag, 9. Dezember 2025 einen Gesetzentwurf des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie des Ministeriums für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie zur Tarifentgeltsicherung bei öffentlichen Vergaben des Landes beschlossen.

Arbeit, Gesundheit und Soziales
Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie

Die Landesregierung hat am Dienstag, 9. Dezember 2025 einen Gesetzentwurf des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie des Ministeriums für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie zur Tarifentgeltsicherung bei öffentlichen Vergaben des Landes beschlossen. Dieser sieht vor, dass öffentliche Aufträge des Landes in bestimmten Branchen nur an Auftragnehmer vergeben werden dürfen, die sich verpflichten, mindestens die in den jeweiligen Branchentarifverträgen festgelegten Entgelte zu zahlen. Gelten soll dies für Betriebe (inklusive Nach- und Verleihunternehmen) aus Branchen, in denen viele öffentliche Aufträge vergeben werden und bei denen davon auszugehen ist, dass es vermehrt zum Einsatz von untertariflich bezahlten Beschäftigten kommt. Der Gesetzentwurf geht nun in eine Verbändeanhörung, bevor das Vorhaben nach einer zweiten Kabinettbefassung beim Landtag eingebracht wird. Die neuen Regelungen werden nach aktuellem Stand im Herbst 2026 in Kraft treten.

„Bei öffentlichen Vergaben gilt aus guten Gründen der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und damit auch der Sparsamkeit. Schließlich handelt es sich hierbei um Steuergelder. Die Kehrseite der Medaille ist allerdings: Untertariflich zahlende Unternehmen verzerren den Wettbewerb und tariflich entlohnenden Betrieben wird es erschwert, erfolgreich mitzubieten. Dem will sich die Landesregierung mit dem geplanten Gesetzentwurf klar entgegenstellen. Gerade die Betriebe hier bei uns in Nordrhein-Westfalen profitieren, wenn dieser Unterbietungswettbewerb unterbunden wird. Gleichzeitig will die Landesregierung sicherstellen, dass Beschäftigte im Rahmen öffentlicher Aufträge des Landes angemessen entlohnt werden. Das ist wichtig und richtig, denn der Wettbewerb soll nicht zu Lasten der Beschäftigten gehen. Genauso klar ist für uns aber auch: Um die Unternehmen nicht unnötig zu belasten, haben wir uns von Anfang an eine bürokratiearme und digitale Umsetzung auf die Fahne geschrieben“, erklärt Arbeitsminister Karl-Josef Laumann und verweist auf die vor wenigen Tagen dem Bundesrat übermittelte Gesetzesinitiative, mit der Bürokratielasten insbesondere im Arbeitsschutz im Umfang von mehr als 500 Millionen Euro jährlich abgebaut werden sollen.

Das Land will mit dem Gesetzentwurf auch seiner Vorbildfunktion gerecht werden und die Tarifbindung stärken: „Tarifverträge sind ganz klar Teil der DNA der sozialen Marktwirtschaft. Der faire Lohn ist der Tariflohn. Als Land wollen wir hier mit gutem Beispiel vorangehen und gute Löhne sichern“, so Laumann. 

Mona Neubaur, Stellvertretende Ministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin: „Wenn die öffentliche Hand Aufträge aus Steuermitteln vergibt, muss sie ihrer Verantwortung gerecht werden – Tariftreue sorgt für Wirtschaftlichkeit, gute Arbeit und fairen Wettbewerb. Darum wollen wir als Landesregierung die Bindung an Tarifentgelte für größere öffentliche Aufträge zur Voraussetzung machen, bürokratiearm und pragmatisch. Tarifbindung stärkt den Mittelstand, schafft soziale Gerechtigkeit und ist zentrale Vorrausetzung dafür, dass die ökonomische Modernisierung gelingen kann. So können Investitionen mit fairen Arbeitsbedingungen Hand in Hand gehen.“

Der Anwendungsbereich der vorgesehenen neuen Regelungen

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die neuen Regelungen für das Land Nordrhein-Westfalen sowie für die seiner Aufsicht unterliegenden Körperschaften gelten. Für nordrhein-westfälische Städte, Kreise, Gemeinden und Kommunalverbände und die überwiegend von ihnen finanzierten oder ihrer Aufsicht unterliegenden Körperschaften verbleibt es bei den bisherigen Regelungen, die derzeit im Tariftreue- und Vergabegesetz Nordrhein-Westfalen festgehalten sind.

Die neuen gesetzlichen Vorgaben sollen für Vergaben ab einem geschätzten Auftragswert von 50.000 Euro für Dienstleitungen und 100.000 Euro für Bauleistungen gelten. Insgesamt wird voraussichtlich ein jährliches Auftragsvolumen des Landes von rund fünf Milliarden Euro erfasst. 

Digital und bürokratiearm: Umsetzung und Kontrollen 

Die Umsetzung und die Kontrolle sollen bürokratiearm und mit digitalen Mitteln erfolgen. So sieht der Entwurf vor, dass ein digitales Portal zur Verfügung gestellt wird, über welches die Betriebe sowie Nach- und Verleihunternehmen ihre Verpflichtungserklärung zur Zahlung der Mindestentgelte abgeben und Informationen sowie Unterstützungsangebote erhalten können. 

Weiter sieht der Gesetzentwurf die Einrichtung einer Prüfstelle bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland und der Deutschen Rentenversicherung Westfalen vor. Diese soll anlassbezogen prüfen, ob Auftragnehmer sowie Nach- und Verleihunternehmen die Pflichten nach dem Gesetz erfüllen. Die Prüfungen sollen sich auf nicht tarifgebundene Unternehmen konzentrieren und digital stattfinden. Aufgrund von bundesrechtlichen Vorgaben zur Betriebsprüfung halten Unternehmen bereits jetzt die entsprechenden Unterlagen vor. 

Für eine möglichst effiziente Umsetzung sowohl für die Betriebe als auch die Prüfstelle bezieht sich der Entwurf ausschließlich auf eine tarifliche Entlohnung. Andere Regelungen aus den Tarifverträgen, wie etwa Urlaubsansprüche, sind im Gegensatz zu entsprechenden Überlegungen auf Bundesebene ausgeklammert.

Hintergrund Tarifbindung 

Die Tarifbindung ist bundesweit in den letzten zehn Jahren um neun Prozent gesunken. Aktuell arbeiten 49 Prozent der Beschäftigten für tarifgebundene Unternehmen. Nordrhein-Westfalen liegt mit drei weiteren Bundesländern zwar über der 50-Prozent Marke. Aber auch zwischen Rhein und Weser sinkt die Zahl tarifgebundener Betriebe. So profitierten 2018 noch 60 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Nordrhein-Westfalen von einer Tarifbindung ihres Arbeitgebers.

Erleichterungen im Bereich der Vergabe 

Parallel zur Vorlage des Gesetzentwurfs zur Tarifentgeltsicherung harmonisiert und vereinfacht die Landesregierung im Sinne des Bürokratieabbaus das Vergaberecht. Die Maßnahmen dienen dem Ziel, die mit dem Nordrhein-Westfalen-Plan zur Verfügung stehenden Finanzmittel beschleunigt in die öffentliche Infrastruktur in Nordrhein-Westfalen investieren zu können.

In einem ersten Schritt werden dafür ab dem 1. Januar 2026 für die Kommunen im Bereich der sog. Unterschwellenvergabeordnung die bisherigen landesrechtlichen Wertgrenzen vollständig entfallen. Die Kommunen erhalten damit deutlich mehr Gestaltungsfreiheit unterhalb der EU-weit geltenden Schwellenwerte. Dies führt zu einer erheblichen Entlastung, da ausweislich des Statistischen Bundesamts in NRW 75 % aller öffentlichen Aufträge und Konzessionen auf die kommunale Ebene entfallen.

In einem zweiten Schritt werden noch im Jahr 2026 die Wertgrenzen für Direktaufträge für Lieferungen und Dienstleistungen auf 50.000 Euro netto und für Bauleistungen auf 100.000 Euro netto angehoben und damit im Gleichlauf mit den Schwellenwerten des Tarifentgeltsicherungsgesetz ausgestaltet. Im Ergebnis wird damit für ca. 75 % aller Vergaben auf Landesebene zukünftig kein förmliches Vergabeverfahren mehr durchzuführen sein.

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