Ministerin Steffens: Menschenwürdigere Pflege gibt es nicht zum Nulltarif

12. Mai 2017

Zum Internationalen Tag der Pflege am 12. Mai erklärte Gesundheits- und Pflegeministerin Barbara Steffens in Düsseldorf: „Die Gewährleistung einer menschenwürdigen Pflege ist angesichts der immer älter werdenden Bevölkerung eine zentrale Herausforderung für unsere Gesellschaft. Wir können sie nur bestehen, wenn wir die vielen pflegenden Angehörigen und vor allem auch die beruflich Pflegenden besser als bisher unterstützen und entlasten. Dazu brauchen wir endlich eine ehrliche Diskussion über die Bedarfe und Kosten menschenwürdiger Pflege. Wir müssen als Gesellschaft Farbe bekennen und sagen: Lebensqualität im Alter und menschenwürdige Pflege sind uns etwas wert! Würde gibt es nicht zum Schnäppchenpreis!“

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Zum Internationalen Tag der Pflege am 12. Mai erklärte Gesundheits- und Pflegeministerin Barbara Steffens in Düsseldorf: „Die Gewährleistung einer menschenwürdigen Pflege ist angesichts der immer älter werdenden Bevölkerung eine zentrale Herausforderung für unsere Gesellschaft. Wir können sie nur bestehen, wenn wir die vielen pflegenden Angehörigen und vor allem auch die beruflich Pflegenden besser als bisher unterstützen und entlasten. Dazu brauchen wir endlich eine ehrliche Diskussion über die Bedarfe und Kosten menschenwürdiger Pflege. Wir müssen als Gesellschaft Farbe bekennen und sagen: Lebensqualität im Alter und menschenwürdige Pflege sind uns etwas wert! Würde gibt es nicht zum Schnäppchenpreis!“

Die Ministerin verwies dabei vor allem auf folgende dringende Handlungsbedarfe:

  • Personalschlüssel sowohl für die Pflege im Krankenhaus als auch in stationären Pflegeeinrichtungen müssen sinnvoll erarbeitet und möglichst bald bundesweit einheitlich vorgegeben werden. Dabei muss sich die Pflegeversicherung angemessen an den Mehrkosten beteiligen. Denn solange es bei einer gedeckelten Beteiligung der Pflegeversicherung an den Pflegekosten bleibt, geht jede personelle Verbesserung finanziell allein zulasten der Pflegebedürftigen. Das darf nicht länger so bleiben, denn schon jetzt wird Pflege wieder mehr und mehr zum Armutsrisiko.
  • Die pflegerische Versorgung in den Einrichtungen während der Nacht muss zeitnah verbessert werden. Hierzu hat das Pflegeministerium gemeinsam mit ver.di NRW in diesem Jahr eine Diskussion angestoßen, die mit der Veröffentlichung einer neuen Handreichung des Ministeriums für die WTG-Behörden
  • (Heimaufsichten) passend zum Pflegetag abgeschlossen ist. Die Handreichung stellt klar, dass Pflegekräfte im Nachtdienst dort nicht überfordert werden dürfen und vor allem auch Vertretungssituationen, Pausenzeiten etc. im Einklang mit den arbeitsrechtlichen Vorgaben gelöst werden müssen. Die „Überwachung“ mehrerer baulich getrennter und damit unüberschaubarer Wohnbereiche durch nur eine „Nachtwache“ ist genauso unzulässig wie die Übertragung von Aufgaben der Tagschicht auf die ohnehin stark geforderten „Nachtwachen“. Auch hier gilt: Die gesetzlichen Anforderungen an die Nachtbetreuung müssen sich in der Finanzierung besser niederschlagen.
  • Die unterschiedlichen Kosten der Pflege müssen sich auch in den Leistungen der Pflegeversicherung niederschlagen. Es ist ungerecht, dass Pflegebedürftige und Angehörige in NRW auf die Leistungen der Pflegeversicherung teilweise mehr als tausend Euro je Monat drauflegen müssen, um alleine die Pflegeleistung eines Pflegeheims bezahlen zu können, während in anderen Bundesländern die Kosten der Pflege wegen geringerer Lohn- und Sachkosten so niedrig sind, dass die Leistungen der Pflegeversicherung praktisch alle Kosten abdecken. Die Lösung: Die Pflegeversicherung muss zu einer echten Teilkaskoversicherung ausgebaut werden, in der die Eigenbeteiligung der Pflegebedürftigen gedeckelt ist und nicht wie bisher die Versicherungsleistung.
  • Die Ausbildungskosten in der Pflege müssen endlich von der Solidargemeinschaft übernommen werden. Dass die dringend benötigte Steigerung der Ausbildungszahlen, die in NRW dank der Einführung der Ausbildungsumlage gelungen ist, hinsichtlich der praktischen Ausbildungskosten faktisch nur von den heute Pflegebedürftigen statt von der Pflegeversicherung bezahlt wird, ist ein absoluter Anachronismus. Die Zukunftssicherung der Pflege durch mehr Ausbildung muss eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein und darf nicht länger aus dem Portemonnaie der heute Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen bezahlt werden.
Bezogen auf die Aktion u.a. von ver.di zur Verbesserung der Pflege-situation in Krankenhäusern erklärte Ministerin Steffens: „Ich unterstütze vehement das Anliegen, auch in den Krankenhäusern endlich die personelle Ausstattung im Bereich Pflege zu verbessern. Dafür habe ich in den vergangenen Jahren auf Bundesebene unermüdlich gekämpft. Hier brauchen wir endlich Personalschlüssel - und zwar deutlich bessere als die jetzt vom Bund vorgeschlagenen Mindestgrenzen in kritischen Bereichen. Und auch hier brauchen wir eine gesicherte Finanzierung, die die Einstellung von mehr Pflegekräften ermöglicht.“

Steffens kritisierte die Verknüpfung zwischen den Themen Pflegepersonal und Investitionskostenförderung des Landes: „Ja, die Investitionskostenförderung des Landes für die Krankenhäuser muss noch weiter ausgebaut werden, als wir dies in den vergangenen Jahren getan haben. Zu behaupten, zu geringe Fördermittel für Gebäude und Geräte seien der Grund für Mängel in der Pflege, ist aber falsch. Denn für eine bessere Bezahlung der Ärztinnen und Ärzte und für die Schaffung neuer Ärztestellen war in der Vergangenheit auch Geld da. Dass sich das Verhältnis im Personalbereich zwischen ärztlichem und pflegerischem Personal zulasten der Pflege verändert hat, macht mir große Sorgen und muss dringend korrigiert werden. Deshalb bin ich froh, dass die Krankenhäuser in NRW durch eine Erhöhung des so genannten Basisfallwerts pro Jahr über 730 Millionen Euro mehr erhalten - ein Ergebnis der Bund Länder AG. Davon kann viel Pflegepersonal finanziert werden. Ein Mangel an Pflegepersonal hat wirklich nichts mit der Förderung der Krankenhausinvestitionskosten zu tun. Personalkosten werden im vorherrschenden dualen Finanzierungssystem aus den Erlösen der Fallschaupauschalen finanziert, die auf Bundesebene festgelegt werden.“
 

Hintergrund

In NRW sind rund 638.100 Menschen pflegebedürftig (Stand 31.12.2015). Die Prognose für 2060 geht von 920.500 pflegebedürftigen Personen (konstante Variante) aus, bei der Trendvariante (Annahme, dass mit steigender Lebenserwartung auch die Anzahl der „gesunden Jahre“ steigt) von 763.400 Personen (Trendvariante).
Die Zahl der Ausbildungsplätze in der Altenpflege konnten in Nordrhein-Westfalen durch Beteiligung aller in der Pflege tätigen Einrichtungen an den Kosten für die Ausbildung von 2012 bis heute um rund 85 Prozent gesteigert werden – von rund 10.000 Ausbildungsplätzen mit einer Landesfinanzierung auf inzwischen rund 18.500.

 

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