Entdecken, ermutigen, entwickeln! Landesregierung erweitert Talentscouting-Programm

Ministerin Brandes zur Fachkräfteoffensive: Gute Bildung ist für alle möglich!

11. September 2023
PHB Brandes, Ina - lächelnd, blauer Hintergrund (2022)

Drei Erfolgsgeschichten von vielen, die das Talentscouting-Programm der Landesregierung Nordrhein-Westfalens möglich gemacht hat.

Kultur und Wissenschaft

Isaac galt auf der Gesamtschule noch als „Kind mit Förderbedarf“. Sein Abitur machte er mit einem Schnitt von 2,1. Heute studiert der 20-Jährige an der Universität zu Köln Chemie. Sinat kam mit ihrer Familie aus Afghanistan, in Neuss hat sie Abitur gemacht. Niemand aus ihrer Familie hat bisher eine Hochschule besucht. Sinat wird im kommenden Jahr ihren Master in Betriebswirtschaftslehre an der Universität Düsseldorf ablegen. Sarah kam mit einer Hauptschulempfehlung auf eine Dortmunder Gesamtschule; ihre Mutter ist alleinerziehende Krankenpflegerin, zu ihrem Vater hat sie keinen Kontakt. Während des Abiturs ging Sarah kellnern, um sich den ersten Laptop zu kaufen: für ihr Maschinenbau-Studium an der Ruhr-Uni Bochum.

Drei Erfolgsgeschichten von vielen, die das Talentscouting-Programm der Landesregierung Nordrhein-Westfalens möglich gemacht hat.

Seit 2014 fördert das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen eine in der Bildungslandschaft bundesweit einzigartige Institution: das NRW-Zentrum für Talentförderung mit Sitz in Gelsenkirchen. Hier werden die Talentscouts ausgebildet, die von ihrer jeweiligen Hochschule aus Schülerinnen und Schüler beraten und auf ihrem Weg ins Studium oder in die Berufsausbildung begleiten – so individuell wie ergebnisoffen.

Nun wird das Programm ausgeweitet: Rund 10 Millionen Euro stellt das Land dafür nun ab 2024 pro Jahr zur Verfügung. Mit sechs neuen Partnerhochschulen in Münster, Bonn, Siegen, Hamm-Lippstadt und am Niederrhein sind nun 23 Partnerhochschulen dabei, betreuen 100 Talentscouts im Land bis zu 600 Kooperationsschulen.

Wissenschaftsministerin Ina Brandes: „Eine gute Ausbildung darf keine Frage des Wohnortes und der Herkunft sein. Mit dem Talentscouting haben wir einen sehr erfolgreichen Weg eingeschlagen, Schülerinnen und Schüler bei den Entscheidungen, die nach der Schulzeit anstehen, zu beraten und zu begleiten. Unsere Talentscouts unterstützen junge Menschen, sich ihren Talenten und Neigungen entsprechend zu entfalten. Jede Erfolgsgeschichte ist der Beweis, dass gute Bildung für alle möglich ist. Davon profitieren sowohl die Jugendlichen als auch der Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen, der so dringend qualifizierte Fachkräfte braucht.“

Das Programm richtet sich vor allem an Schülerinnen und Schüler aus nichtakademischen Elternhäusern. Talentscouts entdecken außergewöhnliche Leistungen innerhalb und außerhalb von Schule, ermutigen die jungen Menschen, ihre Ausbildung zielstrebig zu verfolgen und entwickeln gemeinsam mit den jungen Menschen Perspektiven für die Zukunft.

Dazu gehören zum Beispiel auch durchschnittliche Noten, wenn sie unter erschwerten Bedingungen erbracht wurden. Auch außerschulisches Engagement wird bei der Talentsuche berücksichtigt. Die jungen Talente werden dann individuell und ergebnisoffen teils über mehrere Jahre begleitet und beraten, um den passenden nächsten Schritt auf dem Ausbildungsweg zu finden. Das kann ein (duales) Studium, eine Berufsausbildung, ein Freiwilliges Soziales Jahr oder ein Auslandspraktikum sein. Die optimale Entwicklungsperspektive der jungen Menschen steht dabei immer im Mittelpunkt.

Talentscouting wirkt: Laut einer Langzeitstudie (seit 2017) des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung hat das Talentscouting einen extrem positiven Einfluss auf die Chancengerechtigkeit, verhilft zu einer individuell passgenauen Ausbildungswahl. Jugendliche ohne akademischen Familienhintergrund nehmen im Talentscouting-Programm häufiger ein Studium auf; Jugendliche aus Akademiker-Familien entscheiden sich hingegen im Talentscouting-Programm häufiger für eine duale Ausbildung. Beide Effekte zusammengenommen verringern die Chancenungleichheit beim Hochschulzugang um über 70 Prozent. Zudem bricht das Talentscouting die geschlechtstypische Berufswahl auf. Der Anteil der Studierenden in einem geschlechtsuntypischen Studiengang verdoppelt sich im Talentscouting-Programm. So nehmen junge Frauen häufiger ein MINT-Studium auf, junge Männer nehmen häufiger ein Lehramtsstudium auf.

Seit 2021 hat das Talentscouting ein eigenes Vorschlagsrecht bei großen Begabtenförderungswerken. Die Kooperation mit der Studienstiftung des Deutschen Volkes hat zum Beispiel dazu geführt, dass sich zahlreiche Schulen aus benachteiligten Regionen oder Stadtvierteln erstmals am Vorschlagsverfahren der Studienstiftung beteiligt haben und die Zahl der Schulvorschläge aus Nordrhein-Westfalen in der Folge um rund 45 Prozent gestiegen ist. Zudem werden die vorgeschlagenen Talente hier auch überdurchschnittlich oft aufgenommen – obwohl sie, anders als viele Mitbewerber, nicht aus Akademikerfamilien stammen.

Inzwischen ist eine zweite Generation Talentscouts herangewachsen. Am Gelsenkirchener Zentrum für Talentförderung lassen sich Talente der ersten Stunde heute selbst dafür ausbilden, andere zu beraten. Isaac, der in Köln Chemie studiert, ist heute ein „Talentpate“.

Information
Neue Talentscouting-Hochschulen sind die Universität Bonn, die Universität Münster und die Fachhochschule Münster, die Fachhochschule Niederrhein, die Universität Siegen und die Fachhochschule Hamm Lippstadt. Die bestehenden Partnerhochschulen erhalten 12 zusätzliche Talentscouts. Zu den bisherigen Partnern zählen seit 2014 die Westfälische Hochschule Gelsenkirchen, Bocholt, Recklinghausen, die Universität Duisburg Essen, die Hochschule Ruhr West, die Universitäten sowie die Fachhochschulen Bochum und Dortmund. Seit 2017 sind dabei: RWTH und Fachhochschule Aachen, die Universitäten Düsseldorf und Wuppertal sowie der Hochschulverbund Campus OWL mit der Technischen Hochschule Ostwestfalen, der Hochschule Bielefeld, der Universität Bielefeld und der Universität Paderborn. An den bisherigen Standorten konnten bislang rund 400 Kooperationsschulen mit kontinuierlich etwa 20.000 Schülerinnen und Schülern im aktiven Beratungsprozess betreut werden. Mit der Ausweitung sind es nun bis zu 600 Kooperationsschulen.

Das Talentscouting ist Bestandteil der Verpflichtungserklärung des Landes Nordrhein-Westfalen zum Zukunftsvertrag „Studium und Lehre stärken“. Der Ausbau des Talentscoutings verfolgt zwei Ziele: Regionen in Nordrhein-Westfalen sollen erreicht werden, die bislang noch keine Talentscouting-Strukturen etabliert hatten, etwa der Niederrhein und das Siegerland. An bereits bestehenden Standorten soll der Bedarf der weiterführenden Schulen besser gedeckt werden, etwa im nördlichen Ruhrgebiet und in Ostwestfalen-Lippe.

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