Ausbildungskonsens Nordrhein-Westfalen: Berufliche Qualifizierung ist das schärfste Schwert gegen Fachkräftemangel

Partner wollen insbesondere junge Menschen im Übergangssystem in den Fokus nehmen

15. November 2023
phb Ausbildung Koch

Die Partner des Ausbildungskonsens Nordrhein-Westfalen haben beim Spitzengespräch die Schwerpunkte für die Zusammenarbeit im kommenden Jahr festgelegt. Die Landesregierung verständigte sich gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit, den Sozialpartnern, Kammern und kommunalen Spitzenverbänden darauf, dem Fachkräftemangel durch verstärkte berufliche Qualifizierung entgegenzuwirken.

Arbeit, Gesundheit und Soziales

Die Partner des Ausbildungskonsens Nordrhein-Westfalen haben beim Spitzengespräch am Mittwoch, 15. November 2023, die Schwerpunkte für die Zusammenarbeit im kommenden Jahr festgelegt. Die Landesregierung verständigte sich gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit, den Sozialpartnern, Kammern und kommunalen Spitzenverbänden darauf, dem Fachkräftemangel durch verstärkte berufliche Qualifizierung entgegenzuwirken.

Dazu planen die Partner die Maßnahmen der Landesinitiative für berufliche Orientierung „Kein Abschluss ohne Anschluss“ (KAoA) gemeinsam weiterzuentwickeln. Ein Kernpunkt für 2024 werden zudem die rund 36.000 Schülerinnen und Schüler in den vollzeitschulischen Bildungsgängen im Übergangssektor der Berufskollegs sein. Mit dem Begleitangebot „Übergangslotsen“ und der Praktikumsinitiative soll ihre Verweildauer im System gesenkt werden. Ziel ist, die Übergänge in Ausbildung zu deutlich zu steigern. Angebote, wie zum Beispiel Ausbildungswege NRW, die eine verbindliche Ausbildungsperspektive aufzeigen, sollen noch stärker mit Maßnahmen der Bundesebenen verzahnt werden.

Zudem legen die Partner einen Fokus auf Studierende, die an der Wahl ihres Studiums oder ihrer Fachrichtung zweifeln, und junge Menschen, die ihre Ausbildung abbrechen: So ist geplant Beratungsangebote für Studierende, wie das Projekt „Next Career“ zu stärken und weiter mit anderen Beratungsangeboten etwa von Kammern, von Verbänden oder der Agentur für Arbeit zu verzahnen. Damit Ausbildungsabbrecher nicht dauerhaft ohne Abschluss bleiben, sollen sie unterstützt werden, möglichst schnell wieder einen (Aus-)Bildungsweg einzuschlagen.

Alle Partner erklärten, weiter am gemeinsamen Ziel zu arbeiten, die gleiche Wertschätzung von beruflicher und akademischer Bildung zu stärken.

Arbeitsminister Karl-Josef Laumann: „Für viele junge Menschen im Übergangssystem sind ausbildungs- und berufsvorbereitende Qualifizierungen ein wichtiger Schritt im Übergang von der Schule in den Beruf. Der schulische Übergangsbereich an den Berufskollegs in Nordrhein-Westfalen trägt mit seinen engagierten Lehrkräften und Fachpersonal wesentlich dazu bei, dass Schulabgängerinnen und -abgänger nicht verloren gehen. Denn das bedeutet allzu oft den Einstieg in ein prekäres Leben zwischen Niedriglohnsektor und Leistungsbezug, in das Un- und Angelernte häufig abrutschen. Wir arbeiten Hand in Hand mit den Berufskollegs zusammen, die ihren Schülerinnen und Schülern im Übergangssektor vielfältige Praxiserfahrungen ermöglichen, und unterstützen sie dabei, sie mit Ausbildungsbetrieben zusammen zu bringen. Dabei werden die ausbildungsinteressierten Schülerinnen und Schüler zukünftig zusätzlich von Übergangslotsen unterstützt.“

Wissenschaftsministerin Ina Brandes: „Nie waren die Chancen auf dem Arbeitsmarkt für junge Menschen so gut wie heute. Nie war auch die Auswahl an Studienfächern und betrieblichen Ausbildungen so vielfältig. Wir helfen jungen Menschen, den Studiengang zu finden, der ihren Fähigkeiten, Talenten und Neigungen entspricht. Wir weiten deshalb unsere Studienberatung aus und stärken das Programm ‚Next Career‘. Studierende, die an der Wahl ihres Studiengangs zweifeln, erfahren hier professionell Beratung, um sie am Ende zu einem Abschluss oder zu einem erfolgreichen Wechsel in einen anderen Studiengang zu begleiten.“

Wirtschafts- und Klimaschutzministerin Mona Neubaur: „Mehr junge Menschen in Ausbildung zu vermitteln, leistet einen zentralen Beitrag, um dem gravierenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Berufliche Qualifizierung ermöglicht es unseren Unternehmen und Handwerksbetrieben, die Fachkräfte von morgen an sich zu binden, und ebnet Jugendlichen den Weg in ein selbstbestimmtes Leben. Deshalb wollen wir gezielt junge Menschen unterstützen, die trotz vorhandenen Interesses nicht direkt eine Ausbildung finden oder für die ein Studium doch nicht das Richtige ist. Wir nehmen wahr, dass viele Jugendliche sich besonders für Berufe begeistern, in denen sie den klimaneutralen Umbau hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft mitgestalten können. Die Partner des Ausbildungskonsenses Nordrhein-Westfalen haben sich gemeinsam auf praxisorientierte Maßnahmen und niedrigschwellige Angebote verständigt. Das zeigt: Wir lassen niemanden zurück.“

Schul- und Bildungsministerin Dorothee Feller: „Die Berufliche Bildung eröffnet den jungen Menschen in unserem Land den Weg in ein selbstbestimmtes und erfolgreiches Berufsleben. Die Berufskollegs in Nordrhein-Westfalen bieten dabei vielfältige Möglichkeiten zur individuellen Entwicklung und Qualifizierung. Dass die Schülerinnen und Schüler im Übergangssektor nun durch zusätzliche Übergangslotsen an den Berufskollegs und erweiterte Praktikumsphasen auf ihrem Weg in eine duale Berufsausbildung unterstützt werden, ist eine wichtige Hilfestellung für die Jugendlichen und ein weiterer wichtiger Baustein der Fachkräfteoffensive NRW.“

Roland Schüßler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion NRW der der Bundesagentur für Arbeit: „Die Ausbildung von Nachwuchs bleibt das Fundament für die Arbeits- und Fachkräftesicherung in NRW. Umso wichtiger ist es, dass wir alle Jugendlichen beim Übergang von der Schule in den Beruf unterstützen, individuell und unabhängig von Schulabschluss oder Herkunft. Das gelingt umso besser, je mehr wir auch vor Ort die Angebote der Landesregierung mit den Orientierungs- und Beratungsdienstleistungen der Arbeitsagenturen und Jobcenter sowie der Partnerinnen und Partner am Ausbildungsmarkt verzahnen. Wir begrüßen daher, dass wir gemeinsam die Weiterentwicklung und Stärkung der Jugendberufsagenturen und deren regionaler und lokaler Partner-Netzwerke in den Blick nehmen. Davon profitieren sowohl junge Menschen, die individuelle Unterstützung beim Übergang von der Schule in den Beruf benötigen, als auch Unternehmen, die ihren Fachkräftenachwuchs suchen.

Zudem freue ich mich über unsere aktuell laufenden ersten gemeinsamen digitalen Elternabende. Dieses Informationsangebot stärkt die Eltern, die bei der Orientierung und Entscheidung ihrer Kinder eine zentrale Rolle spielen.“

Anja Weber, Vorsitzende des DGB NRW: „Immer noch verbleibt jeder fünfte junge Mensch in NRW ohne jede berufliche Qualifikation. Das können wir uns in Zeiten des Fachkräftemangels nicht länger leisten. Der heutige Beschluss, das Übergangssystem zu reformieren, war daher längst überfällig. Dort sind zehntausende junge Menschen geparkt, die auf eine Chance auf dem Ausbildungsmarkt warten. Richtig ist es auch, Studien- und Ausbildungsabbrecher besser in den Blick zu nehmen. Auch hier liegen bisher ungenutzte Potenziale. 

Damit aber tatsächlich alle Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz suchen, auch einen bekommen, reicht das nicht aus. In vielen Regionen Nordrhein-Westfalens fehlt es nach wie vor an betrieblichen Ausbildungsplätzen. Die Landesregierung ist in der Pflicht, dort Rahmenbedingungen zu schaffen, wo der Markt versagt. Eine umfassende Ausbildungsgarantie muss ebenso her, wie ein umlagefinanzierter Zukunftsfonds, der die Ausbildungskosten fairer unter allen Betrieben verteilt.“

 Johannes Pöttering, Hauptgeschäftsführer von unternehmer nrw: „Die Ausbildung bleibt gerade in herausfordernden Zeiten wie diesen für die Betriebe ein wichtiges Instrument gegen den Fachkräftemangel. Jedoch finden noch zu viele junge Menschen und Betriebe nicht zueinander und zu viele Ausbildungsstellen bleiben unbesetzt. Wichtig bleibt daher, mehr Potenziale zu heben: Durch eine systematische, frühzeitige und praxisorientierte Berufsorientierung an Schulen, durch intensivere Kooperationen zwischen Schule und Wirtschaft und durch eine bessere Schulbildung. Die Wirtschaft in NRW ist dafür ein verlässlicher Partner.“

Heinz-Herbert Dustmann, Vizepräsident IHK NRW: Berufliche Aus- und Weiterbildung ist der Schlüssel zur Sicherung unserer Fachkräfte und damit des Wirtschaftsstandorts NRW. Angesichts des bevorstehenden Ruhestandes vieler Fachkräfte aus der Babyboomer-Generation, müssen wir verstärkt in die berufliche Bildung investieren. Denn: Bei einem aktuellen Fachkräfteengpass von insgesamt 350.000 Fachkräften fehlen uns 305.000 beruflich qualifizierte Fachkräfte. Daher gilt es neben der finanziellen Gleichstellung der Bildungswege in NRW auch die gesellschaftliche Wertschätzung der beruflichen Bildung weiter zu steigern. Ein wichtiges Element dazu ist aus unserer Sicht, die Gleichwertigkeit zur akademischen Bildung gesetzlich zu verankern. Auch begrüßen wir die Weiterentwicklung von 'Kein Abschluss ohne Anschluss'. Insbesondere die praxisnahe Steigerung der Berufsorientierung durch Praktika - in allen Schulformen – sind der richtige Weg.

Präsidenten Rüdiger Otto, Unternehmerverband Handwerk NRW: „Wir begrüßen das Ziel der Landesregierung, an der Gleichstellung von beruflicher und akademischer Bildung zu arbeiten. Bei der Berufsorientierung an den Schulen müssen deshalb die hervorragenden Karriere- und Berufschancen vieler Handwerksberufe deutlicher hervorgehoben werden.“

Andreas Ehlert, Präsident von HANDWERK.NRW: „Der Mangel an qualifizierten Fachkräften ist eine ernsthafte Bedrohung für die Wettbewerbsfähigkeit Nordrhein-Westfalens. Dabei bietet gerade das Handwerk jungen Menschen in mehr als 130 Ausbildungsberufen hervorragende Zukunftschancen. Als Handwerk unterstützen wir deshalb die Anstrengungen der Landesregierung, Schülerinnen und Schüler aus dem Übergangssektor so schnell wie möglich in Ausbildung zu bringen, zum Beispiel durch Praktikumsangebote in unseren Betrieben. Um die Attraktivität der beruflichen Bildung nachhaltig zu steigern, müssen wir aber schon deutlich früher ansetzen – mit einer ergebnisoffenen Berufsorientierung an allen Schulformen.“

WHKT-Präsident Schröder: „Um den Ausbildungsmarkt mittel- und langfristig für gewerblich-technische Berufe zu stärken und neue Nachwuchsperspektiven für das Handwerk zu schaffen, steht die Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Bildung in unserem besonderen Fokus. Eine Stärkung der Wertschätzung der Gleichwertigkeit in der Gesellschaft bedeutet für uns ganz konkret auch die rechtliche Verankerung dieser Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung.“

Christian Woltering, Vorsitzender Freie Wohlfahrtspflege NRW: “Wir können es uns nicht leisten, Jugendliche am Übergang Schule Beruf zu verlieren, weil sie sich nicht ausreichend informiert fühlen. Damit Jugendliche sich fundiert für einen Beruf entscheiden können, braucht es eine systematischere und umfassendere Berufsorientierung, die Berufsfelder aus allen Bereichen aufzeigt. Dazu gehören auch die Gesundheits- und Sozialberufe, die leider bislang oft zu kurz kommen. Als Freie Wohlfahrtspflege NRW begrüßen wir daher die gemeinsam beschlossene Weiterentwicklung von ‘Kein Abschluss ohne Anschluss’.”

Bernd Zimmer, Vorsitzender des Verbands freier Berufe: „Die Freien Berufe werden auch weiterhin ihre Bemühungen zur Förderung der Dualen Berufsausbildung hochalten. Mit der dualen Berufsausbildung bieten wir jungen Menschen einen exzellenten Einstieg in das Berufsleben mit vielseitigen Entwicklungs- und Fortbildungsmöglichkeiten. Zugleich ist sie die beste Möglichkeit dem Fachkräftemangel entgegenzutreten, da wir mit den jungen Menschen gemeinsam die Zukunft unserer Apotheken, Büros, Kanzleien und Praxen gestalten. Hierfür bedarf es aber auch unverzichtbar eines entsprechend hohen Nachwuchses an Lehrkräften an den Berufskollegs, - der Ruhestand der Babyboomer wird hier nicht Halt machen.

Helmut Dedy (Hauptgeschäftsführer Städtetag NRW), Dr. Martin Klein (Hauptgeschäftsführer Landkreistag NRW) und Christof Sommer (Hauptgeschäftsführer Städte- und Gemeindebund NRW): „Die Kommunen in NRW sind auf qualifizierte Fach- und Arbeitskräfte angewiesen. Wir können es uns nicht leisten, junge Menschen auf dem Weg in die Arbeitswelt allein zu lassen. Der wachsende Fachkräftebedarf erfordert zielgenaue Angebote am Übergang von Schule und Beruf – das ist zentral für das Gelingen der Fachkräfteoffensive NRW.“

Hintergrund Ausbildungskonsens

Der Ausbildungskonsens Nordrhein-Westfalen ist das Spitzengremium von Landesregierung, Wirtschaft, Gewerkschaften, Kammern und Freien Berufen, der Bundesagentur für Arbeit und den Wohlfahrts- sowie den Kommunalen Spitzenverbänden, das wichtige Weichenstellungen im Bereich berufliche Orientierung, Ausbildung und Fachkräftesicherung legt.

Hintergrund Übergangssektor in den Berufskollegs

Die Bildungsgänge des Übergangssektors an den Berufskollegs in Nordrhein-Westfalen umfassen neben den oben genannten vollzeitschulischen Bildungsgängen der Ausbildungsvorbereitung und der Berufsfachschule 1 und 2 (rund 36.000 Schülerinnen und Schüler) auch die internationalen Förderklassen und die Klassen „Fit für mehr“ mit rund 12.000 Schülerinnen und Schülern. Zum Übergangssystem zählen auch die Bildungsgänge der Ausbildungsvorbereitung in Teilzeit, in denen sich rund 9.000 Schülerinnen und Schüler insbesondere in Berufsvorbereitungsangeboten der Bundesagentur für Arbeit befinden und zusätzlich von Bildungsträgern betreut werden.

Hintergrund Fachkräfteoffensive

Die Landesregierung hat eine Fachkräfteoffensive gestartet, um mit neuen, verbesserten und verstetigten Angeboten und Kooperationen, dem akuten und drohenden Fachkräftemangel zu begegnen. Die berufliche Bildung und der Übergang von der Schule in den Beruf ist dabei ein zentrales Handlungsfeld.

 

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