Bundesrat beschließt Antrag aus Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg - Bundesländer wollen zukünftige Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur sichern

28. November 2014
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Der Bundesrat hat die Bundesregierung aufgefordert, den Reparaturstau bei der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland aufzulösen. Dafür soll die Bundesregierung bis zum Ende der Legislaturperiode eine tragfähige finanz- und verkehrspolitische Strategie entwickeln. Dem Entschließungsantrag der Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg hat der Bundesrat in seiner heutigen Sitzung mehrheitlich zugestimmt.

Verkehr

Der Bundesrat hat die Bundesregierung aufgefordert, den Reparaturstau bei der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland aufzulösen. Dafür soll die Bundesregierung bis zum Ende der Legislaturperiode eine tragfähige finanz- und verkehrspolitische Strategie entwickeln. Dem Entschließungsantrag der Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg hat der Bundesrat in seiner heutigen Sitzung mehrheitlich zugestimmt.
 
Für die Initiative hatten die Verkehrsminister Michael Groschek und Winfried Hermann bereits bei der Verkehrsministerkonferenz Anfang Oktober geworben. Der Antrag nimmt Bezug auf den jährlichen Mehrbedarf, den bereits vor zwei Jahren die ‚Daehre-Kommission‘ für die Verkehrswege von Bund, Ländern, Städten, Kreisen und Gemeinden auf 7,2 Milliarden Euro beziffert hatte.
 
NRW-Verkehrsminister Michael Groschek: „Für die Mobilität von Menschen und Gütern brauchen wir ein funktionierendes Bundesverkehrswegenetz aus Autobahnen, Bundesstraßen, Eisenbahnen und Wasserstraßen als stabiles Rückgrat der Infrastruktur. Immer häufiger finden wir aber ein klappriges Skelett vor mit maroden Brücken, defekten Weichen und bröckelnden Schleusenanlagen. Dagegen hilft kein Spielgeld. Um die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland zukunftssicher zu machen, brauchen wir eine nachhaltige Investitionsoffensive über viele Jahre.“
 
In dem Antrag verlangen die Länder, dass zu einer zukunftsfähigen Strategie auch die Verständigung auf die klare Priorität „Erhalt vor Neubau“ gehören soll. Für die Finanzierung wollen sie Infrastrukturfonds für Schiene und Straße bilden und so die Mittelausstattung von der Jährlichkeit der Bundeshaushalte entkoppeln. Eine Steuerungsgruppe soll in einem Stufenplan Regelungen festschreiben für die Finanzierung des Öffentlichen Personenverkehrs, für die künftige Fortschreibung der sogenannten Regionalisierungs- und Entflechtungsmittel sowie des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes. Auch verlangen die Länder eine stärkere Nutzerfinanzierung durch Ausweitung der Lkw-Maut.
 
Darüber hinaus hat der Bundesrat heute auch mit breiter Mehrheit den Gesetzentwurf Schleswig-Holsteins zu den Regionalisierungsmitteln eingebracht. Demnach sollen diese Bundesgelder ab dem kommenden Jahr um etwa eine Milliarde Euro angehoben und eine höhere Dynamisierungsrate verankert werden. Damit muss sich nun auch der Bundestag mit dem Thema beschäftigen. Die Regionalisierungsmittel des Bundes sind die wichtigste Finanzierungsquelle für den ÖPNV, insbesondere für den Bereich Schiene.
 
 
Der Antragstext im Wortlaut:
 
Antrag der Länder Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg
Entschließung des Bundesrates zur Zukunft der Verkehrsfinanzierung

 

  1. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung angesichts des seit Jahren aufgrund erheblicher Unterfinanzierung zunehmenden Substanzverlusts der Verkehrsinfrastruktur auf, zeitnah -  auf Grundlage der durch die Verkehrsministerkonferenz vorgelegten Maßnahmenvorschläge - eine tragfähigen finanz- und verkehrspolitische Strategie zu entwickeln, die geeignet ist, spätestens bis zum Ende dieser Legislaturperiode eine zuverlässige Ausweitung der Verkehrsinfrastrukturinvestitionen des Bundes im erforderlichen Umfang zu sichern. Dabei müssen den Ländern Möglichkeiten eröffnet werden, u.a. durch bessere Beteiligung an den bundesweiten Einnahmen aus Steuern und Gebühren, ihre jeweiligen Pflichten zur Erhaltung der Verkehrswege materiell über-haupt tragen zu können.
  2. Das Rückgrat der Mobilität in Deutschland sind die Verkehrswege des Bundes: Autobahnen, Bundesstraßen, das Eisenbahn-Netz der DB AG und die Wasserstraßen. Diese Verkehrsträger - wie auch die Verkehrswege der Länder und Kommunen - sind  seit vielen Jahren hinsichtlich ihrer Instandhaltung sowie bezüglich der Belastungen aus dem prognostizierten Verkehrswachstums erheblich unter-finanziert. Ein gravierender Substanzverzehr ist vielerorts offenkundig. Nach den allgemein anerkannten Erhebungen und Erkenntnissen der „Daehre-Kommission“  beträgt der jährliche Mehrbedarf auf allen staatlichen Ebenen (Bund, Länder, Städte, Kreise, Gemeinden) 7,2 Milliarden Euro, wenn der aufgelaufene Investitionsstau in den nächsten 15 Jahren abgebaut werden soll; davon allein 3,2 Mrd. Euro für die Bundesverkehrswege (Straße, Schiene, Wasserstraße). Dabei stehen Erhalt und Sanierung im Vordergrund. Eine nachhaltige Verkehrsinfrastrukturfinanzierung und nachhaltige Mobilitätspolitik gehören gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels und der Ressourcenknappheit zusammen und bedingen sich.
  3. Ohne ausreichende Finanzierungsgrundlage wird der Substanzverzehr der Verkehrsinfrastruktur anhalten mit negativen Folgen für Wirtschaftswachstum, Wohlstand und Mobilität in Deutschland.
    Bund, Länder und Kommunen müssen in die Lage versetzt werden, ihre Verkehrswege sachgerecht zu sanieren und zu erhalten sowie bedarfsgerecht und umweltverträglich auszubauen.
  4. Einhergehend mit einer Ausweitung der Investitionsmittel muss die Verteilung, Verwaltung und Verwendung der Mittel spürbar effizienter und transparenter werden.
  5. Die Verkehrsminister der Länder haben zur Verkehrsinfrastrukturfinanzierung mehrfach einstimmig Beschlüsse gefasst. Diesen Beschlüssen und Forderungen der Verkehrsministerkonferenz schließt sich der Bundesrat noch einmal ausdrücklich an:
    • Feststellung einer erheblichen Unterfinanzierung
    • Erhalt vor Neubau als prioritäres Prinzip
    • Feststellung eines dringenden Nachholbedarfs, um Bestandsnetz funktionsfähig zu erhalten
    • Bedarf an zusätzlichen Haushaltsmitteln
    • Erstellung von Netzzustands- und -Leistungsberichten
    • Bedarfsgerechte Bereitstellung der Verkehrsinfrastruktur, Einführung von Anreizsystemen
    • rechtlich abgesicherte Finanzierungsstrukturen und Finanzierungsinstrumente
    • zügige bundesweite Erprobung von Pilotprojekten und Best Practice
    • schrittweise Sicherung einer auskömmlichen, dauerhaften und rechtssicheren Finanzierung von Erhalt und Betrieb, Nachholbedarf und Neu- und Ausbau
    • überjährige und zugriffssichere Bindung zusätzlicher Haushaltsmittel für das Bestandsnetz
    • Nutzung von Fonds (Infrastrukturfonds Schiene, Infrastrukturfonds Straße) und vergleichbaren Strukturen (Sondervermögen, Infrastrukturkonten)
    • Einrichtung einer Steuerungsgruppe für Verkehrsinfrastrukturfinanzierung von Bund und Ländern
    • Nachfolgeregelung für die Entflechtungsmittel sowie das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz über 2019 hinaus
    • Revision der Regionalisierungsmittel mit dem Ziel angepasster Mittelausstattung inklusive einer höheren Dynamisierung
    • Mehr Haushaltsmittel aus den Steuereinnahmen des Verkehrsbereichs (u.a. Kfz-Steuer, Mineralölsteuer) sowie Ausweitung der Nutzerfinanzierung
    • Optionen der Nutzerfinanzierung:
      • Ausweitung der entfernungsabhängigen Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen
      • Einbeziehung von Lkw ab 7,5t auf diesem Netz
      • Ausweitung der Lkw-Maut auf das nachgeordnete Netz, beginnend mit den Landesstraßen
      • Ausweitung der Lkw-Maut ab 7,5t auf das nachgeordnete Netz
    • Realisierung der Maßnahmen in einem Stufenplan in den Jahren 2014-2019.
  6. Zwar enthält die Koalitionsvereinbarung der die Bundesregierung tragenden Parteien im Grundsatz ein Bekenntnis zur Notwendigkeit der Sicherstellung einer nachhaltigen Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur und die Ankündigung einer entsprechenden Mittelanpassung. Doch ist zurzeit nicht erkennbar, mit welchen Maßnahmen des Bundes die Probleme der Infrastrukturfinanzierung tatsächlich gelöst werden sollen.
  7. Daher erwartet der Bundesrat von der Bundesregierung, dass sie nunmehr die von der Verkehrsministerkonferenz mehrfach geltend gemachten dringenden Anliegen aufgreift.

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