Dunkelfeldstudie: Bürgerinnen und Bürger fühlen sich in ihrer Nachbarschaft sicher

Ministerin Scharrenbach und Minister Reul stellen Ergebnisse vor

2. November 2020
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Die Menschen in Nordrhein-Westfalen fühlen sich in ihrer Nachbarschaft insgesamt sicher.

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Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung

Die Menschen in Nordrhein-Westfalen fühlen sich in ihrer Nachbarschaft insgesamt sicher. Die Unsicherheit steigt, je weiter sie sich von ihrem näheren Wohnumfeld wegbewegen. Mangelnde Beleuchtung oder Verwahrlosung des öffentlichen Raumes sind weitere Unsicherheitsfaktoren. Nur wenige Menschen in Nordrhein-Westfalen befürchten, Opfer einer Straftat zu werden. Wenn sie Gewalt erleben, zeigen viele Menschen die Taten allerdings nicht an. Dies sind nur einige wenige Ergebnisse der Dunkelfeldstudie „Sicherheit und Gewalt in Nordrhein-Westfalen“, die Ministerin Ina Scharrenbach und Minister Herbert Reul am Montag, 2. November in einer gemeinsamen Pressekonferenz vorgestellt haben.
 
„Scheinwerfer an: Mit den Ergebnissen der Dunkelfeldstudie ist es der Landesregierung gelungen, die vorher nicht sichtbaren Gewalttaten und Sicherheitsgefühle in der Bevölkerung weiter auszuleuchten und damit ans Licht zu bringen. Mit der Dunkelfeldstudie ergänzen wir das bisher bekannte Bild zur Sicherheitslage, Präventionsarbeit und zum Opferschutz um ein wertvolles Mosaik“, sagte Ministerin Ina Scharrenbach.
 
„Die Studie zeigt, dass viele Menschen die Frage nach Sicherheit in ihrem persönlichen Umfeld umtreibt. Diese Sorgen müssen wir ernst nehmen. Und nehmen wir sehr ernst. Denn nur wenn die Menschen sehen, es bewegt sich was in ihrem Umfeld, dann steigt auch das Vertrauen in Hilfsangebote und in die staatlichen Institutionen“, so Minister Herbert Reul.
 
Im September 2019 haben 60.000 Bürgerinnen und Bürger in 81 Städten in Nordrhein-Westfalen Post erhalten: Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung und das Ministerium des Innern starteten damals die großangelegte Dunkelfeldstudie für Nordrhein-Westfalen. Im November 2019 lagen die Ergebnisse vor, die das Landeskriminalamt innerhalb eines halben Jahres ausgewertet hat. Ein Teilaspekt der Befragung bezog sich auf das Sicherheitsempfinden der Befragten sowohl in ihrem Umfeld als auch im öffentlichen Raum. „Um das Sicherheitsgefühl zu verbessern, müssen viele Institutionen Hand in Hand mit der Polizei zusammenarbeiten. Hier müssen wir ansetzen, neuralgische Punkte ausmachen und Themen erarbeiten. Das kann zum Beispiel sein, Nachbarschaften zu stärken oder für bauliche Verbesserungen zu sorgen“, so Innenminister Reul.
 
Darüber hinaus wurden Erfahrungen mit Gewaltkriminalität – unabhängig vom Anzeigeverhalten der Opfer und einer späteren Strafverfolgung – abgefragt. „Eine wichtige Erkenntnis aus den Ergebnissen der Studie ist, dass wir unsere Präventionsarbeit weiter ausbauen werden. Gewaltopfer bringen Straftaten zu wenig zur Anzeige. Sexuelle Übergriffe sind keine Kavaliersdelikte und nicht die Schuld der Opfer. Hier sind Opfer noch mehr zu ermutigen, sich an die Polizei zu wenden und die Tat anzuzeigen, auch um sich und andere vor weiteren Gewalttaten durch Täter zu schützen“, sagt Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen.
 
„Meine Überzeugung ist aber auch: Wir müssen unsere Linie aus Konsequenz gegenüber Straftätern und Null Toleranz bei Gesetzesverstößen weiterführen. Polizei muss präsent sein und die Bürger müssen wissen: Wenn ich mich an die Polizei wende, wird mir geholfen“, fügte Minister Reul hinzu.
 
Die Befragung wurde im Auftrag beider Ministerien durch das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen durchgeführt. Die Datenerfassung und -aufbereitung erfolgte durch das Unternehmen „infas – Institut für angewandte Sozialwissenschaft“.
 
Die komplette Studie finden Sie hier.

Weitere Ergebnisse

Zum Sicherheitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger:
  • Die Bevölkerung Nordrhein-Westfalens fühlt sich größtenteils sicher. Dies gilt insbesondere:
    • im jeweiligen geographischen Nahraum, also der eigenen Wohnung/dem eigenen Haus,
    • in der eigenen Wohngegend,
    • tagsüber, hier auch im öffentlichen Raum. 
  • Unsicherheitsgefühle treten im öffentlichen Raum bei Nacht auf, dies gilt insbesondere bei Frauen. 
  • Unsicherheitsgefühle treten auch dort häufiger auf, wo „Unordnung“ beobachtet wird – also dort, wo z. B. viel Müll und Abfall auf den Straßen wahrgenommen wird. 
  • Opfer durch Eigentums- und Vermögensdelikte zu werden, wird allgemein stärker gefürchtet als durch Gewalt- und Sexualdelikte. 
  • Die Furcht davor, Opfer einer Straftat zu werden, fällt bei Personen mit Migrationshintergrund – außer bei der Furcht vor einer Betroffenheit von Vorurteilskriminalität – insgesamt ähnlich gering aus wie bei Personen ohne Migrationshintergrund. 
Zu Erfahrungen mit Gewaltkriminalität:
  • Mehr als die Hälfte der nordrhein-westfälischen Bevölkerung war in ihrem Leben (Lebensprävalenz) von mindestens einer der abgefragten Formen körperlicher, sexueller oder psychischer Gewalt betroffen. Für den Zeitraum September 2018 bis August 2019 (Jahresprävalenz) betrifft dies etwa ein Viertel der Bürgerinnen und Bürger. Die psychische Gewalt ist die am häufigsten genannte erlebte Gewalterfahrung. 
  • Männer sind im Vergleich zu Frauen häufiger von körperlicher Gewalt betroffen und Frauen im Vergleich zu Männern häufiger von sexueller Gewalt. 
  • Frauen fühlen sich im öffentlichen Raum, insbesondere bei Nacht und im öffentlichen Personennahverkehr, unsicherer als Männer und bewerten das Risiko, Opfer einer Straftat zu werden höher als Männer – vor allem im Hinblick auf sexuelle Belästigung (Frauen: 13 Prozent, Männer: 4 Prozent) und Vergewaltigung (Frauen: 8 Prozent; Männer 3 Prozent). 
  • Gewalterfahrungen werden zumeist in privaten Zusammenhängen (zum Beispiel Besuch von Veranstaltungen, familiärer Kontext) oder beruflichen Zusammenhängen gemacht, eher selten im Bildungs- und Gesundheitswesen. Aus Gewalterfahrungen resultieren nicht selten körperliche und emotionale bzw. psychische Belastungsfolgen. 
  • Die Anzeigequoten liegen abhängig von der Gewaltform zwischen Null und rund 50 Prozent. Am höchsten ist die Anzeigequote bei körperlicher Gewalt. 
  • Die Anzeigequoten bei Gewaltkriminalität sind im Vergleich etwa zu denen bei Eigentums- und Vermögensdelikten gering. Dies betrifft insbesondere Formen von Gewalt wie zum Beispiel psychische Gewalt, Delikte, die in besonderem Maße mit Scham- und Schuldgefühlen einhergehen (zum Beispiel sexuelle Gewalt) und Delikte, die im sozialen Nahraum (zum Beispiel Gewalt in Partnerschaften) aufgetreten sind. 
  • Die Gründe, aus denen nach einer Gewalterfahrung auf eine Anzeige bei der Polizei verzichtet wurde, sind vielfältig. Häufig wurde auf Grund der gering empfundenen Schwere der Tat – etwa bei psychischer Gewalt – keine Anzeige erstattet. 
  • Nur wenige Gewaltbetroffene nehmen in Folge einer Gewalterfahrung professionelle Hilfe- und Unterstützungsangebote oder private Unterstützung in Anspruch. Deutlich häufiger wurde private Unterstützung (40 Prozent) etwa durch die Partnerin/den Partner, die Familie oder bei Freundinnen/Freunden gesucht. 
  • Mehr als jede zehnte von Gewalt betroffene Person nimmt Hilfe und Unterstützung jedoch auch deshalb nicht in Anspruch, da ihr nicht bekannt ist, an wen sie sich wenden könnte. Dies geht mit dem Befund einher, dass sich die nordrhein-westfälische Bevölkerung über Hilfeangebote im Durchschnitt eher wenig gut informiert fühlt. 
  • Die Bekanntheit von Hilfeangeboten für Gewaltbetroffene variiert stark. So sind etwa Angebote für Frauen (zum Beispiel Frauenhäuser – 87 Prozent Bekanntheitsgrad), die Institution WEISSER RING e.V. und polizeiliche Hilfeangebote relativ verbreitet bekannt. Angebote für Männer oder die Anonyme Spurensicherung kennen die meisten Bürgerinnen und Bürger dagegen nicht. 
Zitat Ministerin Ina Scharrenbach:
„Gewaltopfer müssen wissen, an wen sie sich wenden können, um zeitnah passgenaue Hilfe und Unterstützung zu erhalten. Aus diesem Grund hat die Landesregierung kürzlich ein Opferschutzportal für gewaltbetroffene Frauen und Männer und deren Angehörigen ins Leben gerufen. Dort werden die Hilfe- und Unterstützungsangebote im Land Nordrhein-Westfalen gebündelt, Opfer zielgerichtet informiert und bei Bedarf auf Unterstützungsangebote in Wohnortnähe hingewiesen. Zudem gibt es seit rund einem halben Jahr ein Männerhilfetelefon. Das Hilfetelefon ist deutschlandweit in dieser Form das einzige und erste Beratungsangebot für gewaltbetroffene Männer. Jüngstes Initiative der Landesregierung ist die Öffentlichkeitskampagne „EXIT.NRW“, um über Menschenhandel und Zwangsprostitution zu informieren sowie Opfer mit Hilfsangeboten beim Ausstieg zu unterstützen. Aufklärung, Prävention und Hilfe müssen Hand in Hand gehen. Hier wollen wir weiter vorangehen und die Angebote weiter ausbauen.“
 
Zitat Minister Herbert Reul:
„Wir werden unsere Kampagnen wie „Sicher im Alter“ oder „Mach dein Passwort stark“ zielgenauer einsetzen, um die Leute genau dort abzuholen, wo sie sind. Senioren im Altenheim, junge Leute in der Schule oder am Arbeitsplatz, auch um ihnen die Schwellenangst zu nehmen. Außerdem wird sich die Arbeitsgruppe „Sicherheit im öffentlichen Raum“ des Landespräventionsrates unter Leitung des LKA intensiv mit den Ergebnissen der Studie beschäftigen und Handlungsempfehlungen geben, die dann in jede Polizeibehörde vor Ort getragen werden. Fest steht auch, dass wir die Zusammenarbeit von Kommunen und Polizei stärken werden. Da wird es dann zum Beispiel darum gehen, gemeinsame Strategien gegen Verwahrlosung zu entwickeln. Da geht es etwa um Angsträume und bauliche Maßnahmen, um Polizeipräsenz und Einsatztaktiken. Sie sehen: Die Studie gibt uns einige Hausaufgaben auf.“
 
 

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