Minister Franz-Josef Lersch-Mense überreicht Bundesverdienstkreuz an Nihad Salim Latif Qoja

7. April 2017
Minister Franz-Josef Lersch-Mense überreicht Bundesverdienstkreuz an Nihad Salim Latif Qoja

Der Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien und Chef der Staatskanzlei Franz-Josef Lersch-Mense hat das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland an Nihad Salim Latif Qoja überreicht.

Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales

Bei einer Feierstunde im Stadttor in Düsseldorf sagte der Minister: „Der Bundespräsident hat Herrn Qoja für sein herausragendes Engagement im politischen, humanitären und kulturellen Bereich ausgezeichnet. Seit er vor über 36 Jahren aus dem Irak nach Bonn flüchtete, agiert er als wichtiger Brückenbauer zwischen Deutschland und Kurdistan – in seiner Funktion als Oberbürgermeister von Erbil, als Organisator und Initiator privater Hilfsprojekte, als geschätzter Ansprechpartner für Regierung und Zivilgesellschaft. Sein unermüdlicher Einsatz verdient unser aller Anerkennung.“
 
Der Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland wird an in- und ausländische Bürgerinnen und Bürger für politische, wirtschaftlich-soziale und geistige Leistungen verliehen sowie darüber hinaus für alle besonderen Verdienste um die Bundesrepublik Deutschland, wie zum Beispiel im sozialen und karitativen Bereich. Er ist die einzige allgemeine Verdienstauszeichnung in Deutschland und damit die höchste Anerkennung, die die Bundesrepublik für Verdienste um das Gemeinwohl ausspricht.
 
Der Verdienstorden wird in acht verschiedenen Stufen verliehen: Als Erstauszeichnung wird im Allgemeinen die Verdienstmedaille oder das Verdienstkreuz am Bande verliehen. Als weitere Ausführungen folgen das Verdienstkreuz 1. Klasse, das Große Verdienstkreuz, das Große Verdienstkreuz mit Stern, das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband, das Großkreuz und die Sonderstufe des Großkreuzes.
 
Die Aushändigung der vom Bundespräsidenten verliehenen Verdienstorden übernehmen in den meisten Fällen die Ministerpräsidenten der Länder, Landes- oder Bundesminister, Regierungspräsidenten, Landräte oder Bürgermeister.
 
Hinweis:
Fotos von der Ordensaushändigung stehen ab ca. 16.30 Uhr unter www.mbem.nrw bereit.
 

Die Laudatio im Wortlaut:
(Es gilt das gesprochene Wort)
 
Ich habe heute die besondere Ehre ein Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland an einen ganz besonderen Menschen auszuhändigen. An einen Menschen, der sich als junger Mann politisch im Irak Saddam Husseins engagieren wollte und sich mit 23 Jahren zur Flucht entscheiden musste. 1981 erhielt er politisches Asyl in Deutschland und ließ sich in Bonn nieder. Er hat im politischen, humanitären und kulturellen Bereich unzählige Brücken zwischen Deutschland und Kurdistan gebaut. Bundespräsident Joachim Gauck, der ja erst kürzlich seine Amtszeit beendet hat, hat Ihnen, lieber Herr Qoja, diese hohe Auszeichnung auf Vorschlag des Bundesaußenministers verliehen. Meinen herzlichen Glückwunsch dazu.
 
Nach der Flucht aus dem Irak setzten Sie, lieber Nihad Qoja, in Deutschland Ihr politisches Engagement fort und wurden einer der Vertreter der Demokratischen Volkspartei Kurdistans in Deutschland, die sich 1993 mit der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) zusammenschloss.
1997 waren Sie an der Gründung von „NAVEND - Zentrum für Kurdische Studien e.V.“ mit Sitz in Bonn beteiligt. Der Verein ist eine wichtige Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Politik, Presse und Künstlern, die Verbindungen in die Region Kurdistan haben oder solche aufbauen möchten.
 
Als es in den 1990er Jahren zu einem Aufstand der Kurden gegen Saddam Hussein und damit zu einer Massenflucht kam, begann sich in Deutschland private Hilfe für den Nordirak zu organisieren. Nihad Qoja war eine der bevorzugten Mittelspersonen für private Hilfsprojekte. An dieses Engagement knüpfte er nach dem Aufkommen von ISIS wieder an, als er z.B. Kontakte zum Verein „Luftfahrt ohne Grenzen“ aufbaute, der Hilfsflüge in die Region unternahm. Einer dieser Hilfsflüge erfolgte im September 2014 als unmittelbare Reaktion auf den Überfall der ISIS auf die Jesiden im Sindschar-Gebirge. Wer die Unterstützung von Herrn Qoja benötigt, erhält sie, unabhängig davon, wo die Hilfe hingeht: So ermöglichte er beispielsweise auch die Fahrt von 14 Lkw für Kobane-Flüchtlinge, die sich in der Türkei aufhielten.
 
Nach dem Aufstand der Kurden gegen Saddam Hussein wurde Nihad Qoja als Vertreter der wichtigsten kurdischen Partei in der damaligen Bundeshauptstadt der bevorzugte Ansprechpartner deutscher Parteien und ein geschätzter Gesprächspartner des Auswärtigen Amtes zur Thematik der Kurden. Diese Kontakte hat Nihad Qoja gepflegt und intensiviert. Seine Rolle erhielt erneut besondere Bedeutung, als sich die Kurden 2003 am Irakkrieg beteiligten. 2004 wurde Nihad Qoja Oberbürgermeister von Erbil. Während er in Deutschland als Brücke nach Kurdistan fungierte, wurde er nun dort zur Brücke nach Deutschland.
 
Mit dem Masterplan der Firma Füssing für die Abwasserversorgung und mit der Ansiedlung von Firmen wie Mercedes und MAN gelang es Ihnen, Herr Qoja, dem enormen Wachstum der Stadt Erbil einen deutlichen deutschen Akzent zu geben. Wer heute als Deutscher durch Erbil geht, wird immer wieder darauf angesprochen, dass die Stadt einen deutschen Bürgermeister habe.
 
Seit 2010 gibt es in Erbil eine deutsche Schule, die derzeit bis zur neunten Klasse unterrichtet. Die Eröffnung der Schule ist insbesondere Ihnen zu verdanken, da Sie das Vorhaben vorantrieben, den Vorsitz des Schulvereins übernahmen und zahlreiche Spenden einwerben konnten. Beim kurdischen Bildungsministerium erreichten Sie, dass ein Gebäude zur Verfügung gestellt wurde. Sie sind auch nach der Eröffnung der Schule weiterhin aktiv an ihren Projekten beteiligt.
 
Ebenfalls als Oberbürgermeister von Erbil sorgte Herr Qoja dafür, dass das „European Technology and Training Center“ erbaut wurde. Auf seinem Gelände befinden sich das Goethe-Institut, der Deutsche Akademische Austauschdienst, das Deutsche Wirtschaftsbüro Irak und das THW.
 
Neben der deutschen Schule wollte Nihad Qoja dieses „Deutsche Haus“ zu einer wichtigen Plattform für deutsche wirtschaftliche und kulturelle Aktivitäten in der Region Kurdistan machen. Dieses Ziel hat er erreicht.
 
Ein weiteres Projekt, das von Ihnen maßgeblich mitgesteuert wurde, war 2011 der erste Auslandsauftritt des Nationalen Irakischen Jugendorchesters anlässlich des Bonner Beethovenfestes. Zwei Wochen lang probten Sunniten, Schiiten, Kurden und Christen in Erbil gemeinsam für den großen Auftritt.
 
Bei so viel Engagement wird deutlich: Nihad Qoja hat sein berufliches und privates Leben in den Dienst der deutsch-kurdischen Freundschaft gestellt und sich damit besondere Verdienste um die Bundesrepublik Deutschland erworben. Lieber Herr Qoja, nehmen Sie das Große Verdienstkreuz als Zeichen unser aller Anerkennung und unseres Dankes für Ihren vorbildlichen Einsatz.
 

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