Integrationsstaatssekretär Klute: Mehrsprachigkeit ist ein Schatz

Sechs Modellkommunen starten mit Aktionen zur Förderung der Mehrsprachigkeit von Kindern mit Migrationshintergrund

27. Oktober 2016

Sechs Modellregionen in NRW machen sich im Rahmen der Landesinitiative „Lebendige Mehrsprachigkeit“ auf den Weg, die Mehrsprachigkeit von Kindern mit Migrationshintergrund besonders zu fördern: Die Städte Bonn, Dortmund, Gelsenkirchen und Krefeld sowie die Kreise Paderborn und Warendorf haben auf einer Tagung in Düsseldorf erste Ansätze dazu vorgestellt.

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Sechs Modellregionen in NRW machen sich im Rahmen der Landesinitiative „Lebendige Mehrsprachigkeit“ auf den Weg, die Mehrsprachigkeit von Kindern mit Migrationshintergrund besonders zu fördern: Die Städte Bonn, Dortmund, Gelsenkirchen und Krefeld sowie die Kreise Paderborn und Warendorf haben auf einer Tagung in Düsseldorf erste Ansätze dazu vorgestellt. Integrationsstaatssekretär Thorsten Klute sagte zum Auftakt: „Kinder, die mehrsprachig aufwachsen, haben keinen Klotz am Bein, sondern einen Schatz, den es zu pflegen gilt. Diese Modellkommunen sind lobenswerte Vorreiter. Wir setzen darauf, dass sich weitere Regionen der Initiative anschließen werden. Langfristig wünsche ich mir mehrsprachige Bildungsketten von der Kita über die Schule bis hin zum Berufskolleg.“
 
In Bonn beispielsweise ist Mehrsprachigkeit schon lange ein wichtiges Thema; dort gibt es mehrsprachige Integrationslotsen und Sprachpaten, herkunftssprachlichen Schulunterricht bis hin zu mehrsprachigen Infoflyern über den rheinischen Karneval. In Gelsenkirchen bietet ein Gymnasium Kindern mit türkischen Wurzeln schon seit 30 Jahren Türkisch als zweite Fremdsprache bis zum Abitur an. Und im Kreis Warendorf setzt das FIT-Programm („Frühkindliches Integrationstraining“) bei der Förderung der Mehrsprachigkeit auf eine Zusammenarbeit mit den Eltern. Ausführliche Beispiele aus den sechs Modellkommunen finden Sie unten.
 
„Dabei ist völlig klar“, fügte Klute hinzu, „das Wichtigste ist in Deutschland, Deutsch zu lernen. Ohne Deutsch zu beherrschen, wird man die Schule nicht erfolgreich abschließen können.“ Die Wissenschaft habe aber auch eindeutig gezeigt: „Kindern mit Migrationshintergrund, die ihre Herkunftssprache beherrschen, fällt es leichter, vernünftig Deutsch zu lernen. Außerdem können sie sich besser konzentrieren, Konflikte leichter lösen und sich besser in andere Menschen hineinversetzen.“ Zusätzlich helfe ihnen die Pflege der Mehrsprachigkeit aber auch, ein Bewusstsein für ihre kulturelle Herkunft zu entwickeln. „Kinder, die mehrsprachig aufwachsen, haben nicht nur persönlich große Vorteile im Leben, die ganze Gesellschaft profitiert davon.“
 
In NRW leben heute Menschen aus mehr als 190 Herkunftsländern. Sie haben mindestens ebenso viele Sprachen mitgebracht. „Im Laufe der Jahre“, so Klute, „sind durch unterschiedliche Zuwanderungsperioden immer neue Sprachen hinzugekommen. Von Italienisch und Türkisch über Russisch und Polnisch bis hin zu Farsi und Dari werden heute in unserem Alltag viele Sprachen gesprochen.“
 
Staatssekretär Klute ist Schirmherr der bundesweit einmaligen Landesinitiative „Lebendige Mehrsprachigkeit“. Damit will die Landesregierung gemeinsam mit dem Landesintegrationsrat und der Landesweiten Koordinierungsstelle Kommunale Integrationszentren die Mehrsprachigkeit in NRW gezielt fördern. Die Tagung „Initiative ‚Lebendige Mehrsprachigkeit‘ – Land und Kommunen gemeinsam für Mehrsprachigkeit in NRW“ dient vor allem dem Austausch und der Vernetzung der Praktikerinnen und Praktiker aus den Kommunen. Ein wissenschaftlicher Impuls zur Institutionellen Mehrsprachigkeit kam von Professor Dr. Elvira Topalovic (Universität Paderborn).

Umsetzung der Landesinitiative „Lebendige Mehrsprachigkeit“ in den sechs Regionen vor Ort

In Bonn ist Mehrsprachigkeit schon lange ein wichtiges Thema. Ein mehrsprachiges Internetportal www.integration-in-bonn.de, mehrsprachige Bildungsprojekte für Eltern und Kinder, ein mehrsprachiges Bibliotheksangebot, ehrenamtliche Projekte mit zwei- und mehrsprachigen Integrationslotsen und Sprachpaten und vieles mehr gehören dazu. Mit Blick auf die vielen zugezogenen Flüchtlinge sind vielfältige Aktivitäten hinzugekommen: Von mehrsprachigen Infoflyern zum rheinischen Karneval über die Förderung zwei- und mehrsprachiger Beratungsangebote bis hin zum mehrsprachigen Gesprächsangebot „Neue Heimat – neue Fragen“ ist praktische Mehrsprachigkeit an vielen Stellen in Bonn zu finden. Die zweithäufigste Sprache nach Deutsch ist in Bonn, unabhängig von den aktuellen Flüchtlingszahlen, Arabisch. An der Grundschule am Domhof gibt es ein besonderes deutsch-arabisches Unterrichtsarrangement in den ersten Klassen, das als KOordinierte ALphabetisierung im Anfangsunterricht (KOALA) durchgeführt wird.
 
In Dortmund arbeitet man mit dem Projekt „Sprachbrücken“ an einer durchgängigen Sprachbildung in Kindertageseinrichtungen und Grundschulen im Bereich der Frühen Bildung. Unter dem Begriff „Durchgängige Sprachbildung/Sprachbrücken“ versteht man in diesem Zusammenhang die ganzheitliche Förderung der (sprachlichen) Kompetenzen von Kindern beim Übergang von der KiTa zur Schule. Insbesondere die Programme „Griffbereit“ und „Rucksack KiTa“ gehören zu den wichtigen Bausteinen der Sprachbildung. Die Kooperationspartner (Kindertageseinrichtungen, Schulen, Familienbüros, Jugendamt, Fachbereich Schule usw.) sorgen dafür, dass allen Kindern ein kontinuierlicher Sprachbildungsprozess ermöglicht wird. Darunter fallen auch zahlreiche Projekte mit dem Fokus „Mehrsprachigkeit“.
 
In Gelsenkirchen wird ein Vorschulprogramm „Hokus&Lotus“ erprobt, das in Zusammenarbeit mit Eltern auf die schulische und soziale Integration von Kindern mit Migrationshintergrund zielt. „Hokus&Lotus“ ist eine „magische Lernzeit“, die durch das Überziehen eines magischen T-Shirts für die teilnehmenden Kinder sichtbar eingeleitet wird. Ab jetzt wird in deutscher Sprache kommuniziert. Alle fassen sich an die Hand, bilden einen Kreis und zählen gemeinsam bis zehn. Danach beginnt die Erlebnisreise der beiden Dinocrocs, bei der die Kinder vorgesprochene Passagen und Bewegungen wiederholen. Schon nach kurzer Zeit gelingt es den Kindern, den Verlauf der Geschichte durch Nachahmung sprachlich zu begreifen. Das Programm kann auch in Englisch, Französisch, Italienisch oder Spanisch durchgeführt werden und ist für die Grundschulen oder den Offenen Ganztag geeignet. 2007 wurde „Hocus und Lotus mit dem Preis „LINGUA Gold“ für „Lebenslanges Lernen“ der Bundesbildungsministerin ausgezeichnet. Zusätzlich wird in Gelsenkirchen an dem Ricarda-Huch-Gymnasium ein kreativer Umgang mit Mehrsprachigkeit praktiziert. So ist Türkisch als zweite Fremdsprache bis zum Abitur seit mehr als 30 Jahren ein Angebot für die Kinder mit türkischen Wurzeln.
 
Krefeld: Das Kommunale Integrationszentrum besteht seit 2013 und ist zentrale Anlauf- und Koordinierungsstelle für die Stadt Krefeld. Das Team ist multiprofessionell und arbeitet auf der Grundlage der Grundsätze zur Integration. Neben den Kommunalen Handlungsschwerpunkten Arbeit, Wirtschaft, Sport, Kultur und Gesundheit hat sich das KI bis Ende 2017 auf Aktivitäten in den Handlungsfeldern „Integration durch Sport“ und „Integration durch Bildung“ festgelegt. Im Rahmen dieser Schwerpunkte haben sich in diesem Jahr als besondere Projekte das „ILOS-Projekt“ und das „Alpha-Projekt“ bewährt. Die Projekte wenden sich an zugewanderte Kinder und Jugendliche, u.a. auch an Flüchtlinge.
 
Im Kreis Paderborn wurden 2015 und in 2016 rund um den „Europäischen Tag der Sprachen“ bereits viele Aktionen zum Thema Mehrsprachigkeit durchgeführt: In 35 Veranstaltungen wurden rund 2.500 Menschen erreicht. Im Rahmen der Aktionstage „Sprachschätze der Welt“ die das Kommunalen Integrationszentrum von Paderborn rund um den Europäischen Tag der Sprachen, der jährlich am 26. September stattfindet, durchführt hat, stand an jenem Tag die Grundschule Kaukenberg ganz im Zeichen der Mehrsprachigkeit: Die Kinder lernen, wie die Bäume und Tiere des Waldes in anderen Sprachen heißen, Kinder und Eltern lesen Geschichten in verschiedenen Sprachen vor und bei einem internationalen Frühstück lernen die Kinder spielerisch fremde Bezeichnungen für vertraute Nahrungsmittel kennen.
 
Im Kreis Warendorf greift das Kommunale Integrationszentrum durch das Programm „Frühkindliches Integrationstraining“ (FIT) wesentliche Aspekte der „Initiative Lebendige Mehrsprachigkeit“ auf. Das FIT-Programm setzt Mehrsprachigkeit in Zusammenarbeit mit Eltern seit 2009 in fast allen 13 Städten und Gemeinden des Kreises Warendorf erfolgreich um. Sowohl qualitativ als auch quantitativ wurde das Programm seither ausgebaut. Im Winter 2016/2017 werden durch das FIT-Projekt über 260 Familien und 270 Kinder erreicht. FIT setzt sich aus den Programmen des Verbundes der Kommunalen Integrationszentren NRW „Griffbereit“, „Rucksack Kita“ und „Rucksack-Schule“ zusammen. Alle drei Programme orientieren sich an kindgerechten und alltagsrelevanten Themen, z. B. geht es bei „Rucksack Kita“ um Themen wie Familie, Kindertageseinrichtung, Tiere, Essen und Trinken, Medien, draußen spielen usw..

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