Weiter verschärfte Sicherheitslage durch gewaltbereite Salafisten und Rechtsextremisten

Innenminister Jäger: Konsequente Strafverfolgung und verstärkte Prävention - Verfassungsschutzbericht 2014

8. Juni 2015

Die Sicherheitslage in NRW hat sich vor allem durch zwei extremistische Bestrebungen verschärft: Der gewaltbereite Salafismus hat weiter an Zulauf gewonnen und Rechtsextremisten unterwanderten die Bewegungen von HoGeSa und Pegida. „Deswegen haben die Sicherheitsbehörden besonders die Gefahren durch gewaltbereite Salafisten und Rechtsextremisten im Blick“, sagte Innenminister Ralf Jäger in Düsseldorf bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2014.

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Die Sicherheitslage in Nordrhein-Westfalen hat sich vor allem durch zwei extremistische Bestrebungen verschärft: Der gewaltbereite Salafismus hat weiter an Zulauf gewonnen und Rechtsextremisten unterwanderten die Bewegungen von HoGeSa und Pegida. „Deswegen haben die Sicherheitsbehörden besonders die Gefahren durch gewaltbereite Salafisten und Rechtsextremisten im Blick“, sagte Innenminister Ralf Jäger in Düsseldorf bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2014. „Durch die grausamen Anschläge in Paris und Kopenhagen hat die Bedrohung durch gewaltbereite Islamisten eine neue Dimension erreicht. Wenige Terroristen haben ihre Opfer gezielt ausgesucht und mit leicht zu beschaffenden Waffen ein Blutbad angerichtet. Das Risikopotenzial der Personen, von denen eine solche Anschlagsgefahr ausgeht, nimmt kontinuierlich zu. Darauf haben wir reagiert und bei Polizei und Verfassungsschutz 385 neue Stellen geschaffen.“
 
Die Zahl der vom Verfassungsschutz dem extremistischen Salafismus zugeordneten Anhänger ist in NRW aktuell auf 2.000 gestiegen. Ende des vergangenen Jahres lag sie noch bei 1.900. „Der Salafismus ist europaweit die am schnellsten wachsende extremistische Bestrebung“, erläuterte der Innenminister. In NRW haben die Sicherheitsbehörden vor allem die 325 gewaltbereiten Salafisten im Visier. Die salafistische Szene missbraucht den Bürgerkrieg in Syrien und Irak, um junge Menschen zu radikalisieren und dazu zu bewegen, sich an Kampfhandlungen in den Krisengebieten zu beteiligen. Mehr als 180 Personen sind seit 2012 aus NRW in Richtung der Krisengebiete ausgereist.
 
Es gibt allerdings auch positive Signale. Seit Beginn dieses Jahres ist die Zahl der Ausreisen aus Nordrhein-Westfalen deutlich rückläufig. „Aus meiner Sicht ist das eine konkrete Auswirkung des konsequenten Vorgehens der Sicherheits- und Ordnungsbehörden in NRW. In mehr als 60 Fällen haben sie eine Ausreise verhindert“, meinte Innenminister Jäger. „Dennoch ist es zu früh, hier bereits von einer Trendwende zu sprechen. Zwar gelingt immer weniger jungen Menschen die Ausreise, doch unter ihnen befinden sich jetzt überproportional viele junge Frauen und Mädchen. Das macht mir Sorge“, so Jäger. Unter den seit Jahresbeginn ausgereisten Personen waren allein sechs Frauen. Verführt über das Internet, entwickeln sie romantische Vorstellungen von einem traditionellen Eheleben an der Seite eines aus ihrer Sicht heldenhaften Kämpfers. Doch die Realität sieht anders aus. „Als Zweit- oder Drittfrau eines verrohten Terroristen inmitten eines Bürgerkriegs steht ihnen ein entbehrungsreiches Leben bevor, bei dem an jedem Tag Gefahren drohen“, warnte der Innenminister.
 
Der Innenminister setzt auf eine stärkere Sensibilisierung und Aufklärung vor allem junger Menschen. Prävention ist ein Schwerpunkt in der Auseinandersetzung mit dem salafistischen Extremismus. „Genau hier wirkt unser Präventionsprogramm. Mit ‚Wegweiser‘ sind wir auf dem richtigen Weg. Die hohe Nachfrage an allen vier bisherigen Standorten zeigt: Das Konzept hat sich voll bewährt“, sagte der Innenminister und kündigte an, das Präventionsprogramm weiter auszubauen: In diesem Jahr sind weitere Anlaufstellen in Duisburg, Dinslaken, Köln und
Dortmund geplant.
 
Außerdem hat der NRW-Verfassungsschutz im Oktober 2014 ein Aussteigerprogramm für Islamisten gestartet. Schon nach wenigen Monaten zeigt sich, wie wichtig dieses Angebot ist. Es richtet sich an diejenigen, die bereits radikalisiert und tief in der islamistischen Szene verankert sind. Die brutale Realität des syrischen Bürgerkriegs lässt manche gewaltbereiten Salafisten zweifeln. Rückkehrer aus Kriegsgebieten stecken genauso wie Strafgefangene oft in einer persönlichen aber auch ideologischen Sackgasse. Sie wollen sich aus der Szene lösen und wieder Anschluss an die Gesellschaft finden. „Wir haben bereits über 30 Fälle aus dem islamistischen Spektrum. Etwa ein Drittel davon werden vom Aussteigerprogramm auf ihrem Weg intensiv begleitet“, erklärte der Minister und stellte klar: „Wir werden nicht vor berechtigter Strafe schützen. Wir bieten aber Hilfe an, um einen Weg zurück in die Gesellschaft zu finden.“ Der Ausstieg ist in den meisten Fällen ein mehrjähriger und oft schwieriger Prozess, in dem Rückschläge einkalkuliert werden müssen.
 
Auch die Entwicklungen im Bereich von Rechtsextremisten nimmt der NRW-Verfassungsschutz ernst. Es gibt immer wieder Anhaltspunkte für klar rechtsterroristisch-orientierte Gruppen, die oftmals auch konspirativ agieren und eine deutliche Gewaltbereitschaft gegenüber ihren Feindbildern haben. „Hier ist konsequentes Handeln der Sicherheitsbehörden gefordert, wie sie es erfolgreich bei der „Old School Society“ getan haben. Denn diese Rechtsterroristen sind bereit, rücksichtlos Gewalt für ihre menschenverachtenden Ziele einzusetzen“, sagte Jäger.
 
Zudem gibt es einen harten Kern des Rechtsextremismus, der innerhalb rechtsextremistischer Parteien wie Pro NRW, NPD oder „Die Rechte“ organisiert ist. Nach der Kommunalwahl 2014 versuchen diese durch Provokationen, die Arbeit der kommunalen Gremien, in denen sie sitzen, zu stören. „Dabei überschreiten sie oftmals die Grenze des Erträglichen. Hier sitzen Ideologen und Strippenzieher des Rechtsextremismus, die Stimmung machen gegen Muslime, Ausländer und Flüchtlinge“, sagte der Innenminister. „Wo immer möglich, werden wir versuchen, sie durch Verbote zu lähmen. Deshalb gegen wir mit allen zur Verfügung stehenden rechtstaatlichen Mittel gegen sie vor“, erläuterte der Innenminister. Die Sicherheitsbehörden sammeln alle Belege für ein mögliches Verbot der sogenannten Partei „Die Rechte“. Jäger gab bekannt, er habe ein neues Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Dieses soll klären, welcher Weg zu einem Verbotsverfahren vielversprechend ist.
 
Der Verfassungsschutz beobachtet auch Unterstützer und Mitläufer in der rechtsextremistischen Szene. Sie bilden das Umfeld und geben als Statisten die Kulisse bei Demonstrationen abgeben. Von dieser Szene geht häufig Gewalt aus, auch gegen Flüchtlingsunterkünfte.
 
Mit HoGeSa und PEGIDA haben sich im vergangenen Jahr neuartige Phänomene heraus kristallisiert. Ein Schlaglicht wirft der deutliche Anstieg der rechtsextremistisch motivierten Gewaltdelikte auf 370 (Vorjahr 192). Dies ist vor allem auf die gewalttätigen Ausschreitungen am 26. Oktober 2014 in Köln zurückzuführen. Alleine 175 Straftaten stammen aus dem Umfeld dieser HoGeSa Demonstration.
 
Die Veranstaltungen der PEGIDA-Ableger und -Nachahmer in NRW wurden von Rechtsextremisten organisiert, dominiert und gesteuert. Damit versuchen sie ihre ausländerfeindliche Hetze, Islamfeindschaft und Vorurteile gegen Flüchtlinge für ihre Propaganda zu nutzen. „Diese Saat ist in NRW nicht aufgegangen. Die vielen Gegendemonstrationen und ganze Stadtgesellschaften, die sich geschlossen für Toleranz und Offenheit einsetzen, haben es geschafft, dass PEGIDA, BOGIDA, KÖGIDA und DÜGIDA die ‚Lust am Spazierengehen‘ vergangen ist“, erklärte der Innenminister.
 
Der Verfassungsschutzbericht NRW für 2014 steht unter http://www.mik.nrw.de/verfassungsschutz zum Download bereit.

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