Nordrhein-Westfalen will Kurskorrektur beim Tier- und Umweltschutz in der Nutztierhaltung

Minister Remmel legt Handlungspapier „Nachhaltige Nutztierhaltung“ vor – Dialogprozess gestartet

15. Juni 2015

Nordrhein-Westfalen strebt eine Neuorientierung bei der Haltung von Nutztieren in der heimischen Landwirtschaft an und hat dazu das Handlungspapier „Nachhaltige Nutztierhaltung NRW“ vorgelegt. Gleichzeitig startet damit ein breit angelegter Dialogprozess mit allen beteiligten Fachverbänden.

Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz

Nordrhein-Westfalen strebt eine Neuorientierung bei der Haltung von Nutztieren in der heimischen Landwirtschaft an und hat dazu das Handlungspapier „Nachhaltige Nutztierhaltung NRW“ vorgelegt. Gleichzeitig startet damit ein breit angelegter Dialogprozess mit allen beteiligten Fachverbänden. „Tierhaltung 4.0 ist das Zukunftsprojekt, das vor uns liegt“, erklärte Landwirtschafts- und Verbraucherschutzminister Johannes Remmel bei der Vorlage des Handlungspapieres am heutigen Montag auf einer Fachtagung in Bad Sassendorf zum Thema „Wege zu einer gesellschaftlich akzeptieren Nutztierhaltung – Wie sieht die Nutztierhaltung der Zukunft aus. Das Schreddern von Eintagsküken zeigt, welche Fehlentwicklungen in der Vergangenheit in der Nutztierhaltung Einzug gehalten haben. Tiere sind aber keine Abfallprodukte und dies darf kein Beispiel für andere Bereiche in der Nutztierhaltung werden.“
 
Remmel betonte, dass Tierhaltungsanlagen sich an den Bedürfnissen der Tiere und nicht an den wirtschaftlichen Interessen einer immer stärker industrialisierten Landwirtschaft orientieren müssten: „Das einseitige Prinzip von ‚ökonomisch immer effizienter‘ führt zu Defiziten im Tier- und Umweltschutz, die von der Gesellschaft so nicht mehr akzeptiert werden. Verbraucherinnen und Verbraucher wünschen tierische Produkte aus artgerechter Haltung, möglichst aus der Region. Das ist die Zukunft.“
 
Genau dieses Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichen Erfordernissen und den gesellschaftlichen Ansprüchen ist auch Thema eines Gutachtens des wissenschaftlichen Beirats des Bundeslandwirtschaftsministeriums, das auf der Fachtagung diskutiert wurde. Das Gutachten kommt zu dem Schluss, dass sich die Nutztierhaltung in Deutschland zu einem wirtschaftlich sehr erfolgreichen Sektor entwickelt habe, es gleichzeitig aber erhebliche Defizite vor allem im Bereich Tierschutz, aber auch im Umweltschutz gebe. In Kombination mit einer veränderten Einstellung zur Mensch-Tier-Beziehung führe dies zu einer verringerten gesellschaftlichen Akzeptanz der Nutztierhaltung.
 
Mit der Vorlage des Handlungspapiers startet ein breiter Dialogprozess, bei dem es gilt, die verschiedensten Betrachtungsperspektiven und Handlungserfordernisse auf die Nutztierhaltung zusammenzuführen. „Die aktuelle Diskussion zur Nutztierhaltung zeigt, dass es eines intensiven Prozesses bedarf, um alle Akteure an der zukünftigen Ausrichtung der Nutztierhaltung zu beteiligen. Deshalb soll unser Dialogprozess alle betroffenen Fachverbände  ansprechen und in die Diskussion mit einbeziehen“, erklärte Minister Remmel.
 
Für eine nachhaltige Tierhaltung müsse laut Remmel eine Vielzahl von Zielkonflikten über nordrhein-westfälische Grenzen hinaus gelöst werden. Deshalb wird im Handlungspapier vorgeschlagen, auf Bundesebene eine ethische Tierhaltungskommission aus Expertinnen und Experten unterschiedlicher Disziplinen der Wissenschaft, der beteiligten Wirtschaft und der Zivilgesellschaft einzuberufen. Diese Kommission soll allgemein gültige Anforderungen und Standards für eine nachhaltige Nutztierhaltung beschreiben, Umsetzungszeiträume vorschlagen und bei deren Umsetzung in die Praxis beratend tätig sein.
„Wir sehen uns als Land in der Verantwortung, uns an allen zentralen Fragen mit eigenen Anstrengungen zu beteiligen. Aber die Lösungen brauchen eine bundesweite, besser noch eine europäische Perspektive“, sagte Minister Remmel.
 
Kurskorrektur in fünf Handlungsfeldern notwendig
Das NRW-Handlungspapier „Nachhaltige Nutztierhaltung“ beschreibt Ziele und Maßnahmen, die die NRW-Landesregierung bereits ergriffen hat oder ergreifen wird. Dahinter verbirgt sich das Leitziel, das derzeitige, einseitig stark auf Kostenführerschaft ausgerichtete System der Nutztierhaltung, zu einem artgerechteren und auf breiterer Basis gesellschaftlich akzeptierten System weiterzuentwickeln.
 
Auf folgenden fünf Feldern sieht Minister Remmel Handlungsbedarf:
 
1. Haltung
Die Haltungssysteme und Haltungsbedingungen sind den Bedürfnissen der Tiere anzupassen und nicht umgekehrt.
 
2. Zucht
Die Zucht muss für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Leistungsfähigkeit und Gesundheit/Tierwohl sorgen.
 
3. Antibiotika
Der Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung ist auf das therapeutisch notwendige Mindestmaß zurückzuführen.
 
4. Umweltgerechte Modernisierung
Leitbild muss die flächengebundene Tierhaltung und die Minderung der von Tierhaltungsanlagen ausgehenden Emissionen sein.
 
5. Einkommenssicherung
Wirtschaftliche und soziale Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Nutztierhaltung sind so zu gestalten, dass tierhaltende Betriebe langfristig angemessene Einkommen erwirtschaften können. Dafür muss es den Betrieben möglich sein, in angemessener Form auf die Änderungen des Marktumfeldes zu reagieren und Anpassungen vorzunehmen.
 
Minister Remmel setzt dabei ausdrücklich auf einen Mix von kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen, wie sie vom wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung vorgeschlagen werden. Dieser Maßnahmen- und Politikmix berücksichtigt die Komplexität der Nutztierhaltung und deren Wertschöpfungskette vom Stall bis zur Ladentheke.
 
Das Handlungspapier „Nachhaltige Nutztierhaltung NRW“ und weitere Informationen zur Nutztierhaltung sind zu finden unter www.umwelt.nrw.de.

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