Ministerin Steffens: Pflegereform ebnet den Weg für mehr Lebensqualität im Alter

1. Oktober 2014
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Mit einer neuen Pflegepolitik wird in Nordrhein-Westfalen der Aufbau von Alternativen zu stationärer Heimunterbringung deutlich erleichtert. Die Voraussetzungen für eine ambulante Versorgung in der eigenen Wohnung oder dem vertrauten Quartier werden verbessert. Bisher zu hohe bürokratische Hürden für die Gründung von "Alten-WG" und Pflege-Wohnungen entfallen. Aber auch Träger von Pflegeheimen erhalten durch schnellere Refinanzierungsmöglichkeiten von Modernisierungskosten einen zusätzlichen Anreiz, die Wohnqualität ihrer Einrichtungen zu steigern.

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Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen

Das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter teilt mit:

Mit einer neuen Pflegepolitik wird in Nordrhein-Westfalen der Aufbau von Alternativen zu stationärer Heimunterbringung deutlich erleichtert. Die Voraussetzungen für eine ambulante Versorgung in der eigenen Wohnung oder dem vertrauten Quartier werden verbessert. Bisher zu hohe bürokratische Hürden für die Gründung von "Alten-WG" und Pflege-Wohnungen entfallen. Aber auch Träger von Pflegeheimen erhalten durch schnellere Refinanzierungsmöglichkeiten von Modernisierungskosten einen zusätzlichen Anreiz, die Wohnqualität ihrer Einrichtungen zu steigern.

„Diese Reform ist ein Meilenstein auf dem Weg zu mehr Lebensqualität für ältere Menschen und ihre Angehörigen in Nordrhein-Westfalen“, erklärte Pflegeministerin Barbara Steffens anlässlich der Verabschiedung der Gesetzreform im Landtag. „Wir leiten damit dringend notwendige Veränderungen ein, um den Menschen auch im Alter weitgehend ein Leben nach ihren Vorstellungen zu ermöglichen. Für die große Mehrheit, die am liebsten zuhause oder im vertrauten Quartier alt werden möchte, schafft das Gesetz die Rahmenbedingungen zur Entwicklung ambulanter und quartiersnaher Betreuungs- und Wohnangebote. Für Menschen, die sich für den Umzug in ein Heim entscheiden, schafft es die Grundlagen dafür, dass endlich alle Heime ihnen ein Zuhause mit Privatsphäre und Anbindung an das Leben vor der Tür anbieten können “, so Steffens weiter.

Rund zwei Jahre hat das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter gemeinsam mit allen relevanten Gruppen an der Entwicklung dieses Gesetzes gearbeitet. „Die parteiübergreifende Zustimmung spiegelt das breite Bedürfnis nach einer neuen Weichenstellung in der Pflegepolitik wider, die konsequent das Ziel ambulant vor stationär verfolgt", betonte die Ministerin. „Pflegeheimbetreiber, die alte Menschen vor allem als Renditeobjekte betrachten, sollen in Nordrhein-Westfalen keine Zukunft mehr haben“. Zugleich unterstrich die Ministerin die zentrale Bedeutung wirksamer Prävention zur Verhinderung von Pflegebedürftigkeit: „Die gestiegene durchschnittliche Lebenserwartung verbinden wir alle mit der Hoffnung auf mehr aktive Lebensjahre. Um in diesen Genuss zu kommen, müssen wir aber rechtzeitig die Lebensbedingungen so verändern, dass uns eine weitgehende Selbstbestimmung nicht zu früh verloren geht.“

Beim GEPA NRW (Gesetz zur Entwicklung und Stärkung einer demographiefesten, teilhabeorientierten Infrastruktur und zur Weiterentwicklung und Sicherung der Qualität von Wohn- und Betreuungsangeboten für ältere Menschen, pflegebedürftige Menschen, Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen) handelt es sich um ein übergreifendes Reformgesetz für das gesamte Landesrecht zu den Themen Pflege und Alter: Es modernisiert das Wohn- und Teilhabegesetz (WTG) aus dem Jahr 2008 und entwickelt das bisherige Landespflegegesetz von 2003 als Alten- und Pflegegesetz (APG) weiter.

Kernpunkte der Reform sind:

  • Neue Betreuungsangebote als Alternative zum Pflegeheim werden viel leichter möglich. Bisher galten für alle Wohnformen mit Pflege- und Unterstützungsangeboten ohne Unterschied die strengen Heimstandards (wie z. B. ein Bad für maximal zwei Personen, zusätzliche Pflegebäder, Krisenräume und heimorientierte Personalvorgaben). Künftig gelten individuelle Regeln für jede Wohnform - immer mit Qualitätssicherung.
  • Verbesserung der häuslichen Betreuung vor Eintritt von Pflegebedürftigkeit, beispielsweise durch Angebote wie Einkaufsservice und Besuchsdienste. Kommunen sollen Strukturen schaffen, die den Eintritt in die Pflegebedürftigkeit oder eine teurere stationäre Unterbringung verhindern oder wenigstens hinauszögern können. Kommunen erhalten damit die Chance zu einer "Präventionsrendite", indem sie in die Verhinderung von stationärer Pflege investieren statt immer mehr Geld für die Beteiligung an den Kosten für Heimunterbringungen aufwenden zu müssen. Damit greift das Gesetz den Wunsch vieler Kommunen nach Stärkung ihrer Steuerungsmöglichkeiten bei den Pflegeinfrastrukturen auf.
  • Verbesserte Qualitätssicherung bei ambulanten Diensten und teilstationären Pflege- und Betreuungsangeboten. Sie werden künftig auch durch die WTG-Behörden („Heimaufsichten“) überwacht. Bisher unterlagen nur vollstationäre Einrichtungen der Heimaufsicht. Künftig haben die Menschen vor Ort nun eine Behörde als umfassend zuständigen Ansprechpartner bei Problemen mit der Pflegequalität.
  • Finanzieller Anreiz für mehr Tages- und Nachtpflegeangebote. Wer zusätzliche Plätze schafft, kann die Kosten künftig doppelt so schnell über den Pflegesatz refinanzieren wie bisher – mit vier statt zwei Prozent pro Jahr. Solche teilstationären Angebote helfen vielen Menschen, weiterhin zuhause leben zu können, indem pflegende Angehörige durch verlässliche externe Teilzeitbetreuung entlastet werden.
  • Auflösung des Modernisierungsstaus in vollstationären Heimen.
    Wer die Aufenthaltsqualität für die Bewohnerinnen und Bewohner durch bauliche Maßnahmen verbessert, kann die Kosten mit vier statt bisher zwei Prozent pro Jahr über den Pflegesatz refinanzieren. Das gilt auch für An- oder Umbauten, um die bereits seit 2003 festgelegte und ab Mitte 2018 verbindlich geltenden Quote von 80 Prozent Einzelzimmern pro Einrichtung zu erfüllen, ohne damit die Aufnahmekapazität zu verringern. Rund 40 Prozent aller Pflegeheime verfügen bisher nicht über mindestens 80 Prozent Einzelzimmer.
  • Mehr Rechtssicherheit für stationäre Pflegeeinrichtungen bei Investitionen in die Wohnqualität und gleichzeitig  für Heimbewohnerinnen und -bewohner sowie an ihren Unterbringungskosten beteiligte Angehörige und Kommunen. Heimbetreiber haben Anspruch auf Erstattung aller tatsächlich entstandenen Investitionskosten über den Pflegesatz. Im Gegenzug entfällt die bisherige Möglichkeit einer pauschalen Erhebung von Investitionskosten, so dass Heimbewohnerinnen und -bewohner künftig vor der Zahlung eventuell versteckter Zusatzgewinne für die Betreiber geschützt sind. Abrechnungen werden für Pflegebedürftige und Angehörige transparenter.
  • Verzicht auf freiheitseinschränkende Maßnahmen in Pflegeheimen. Alle Heime müssen künftig Konzepte erarbeiten, um Gewalt im Pflegeheim vorzubeugen und auf freiheitsbeschränkende Maßnahmen wie Fixierungen möglichst ganz zu verzichten. Nur das im Einzelfall unbedingt notwendige Maß an freiheitsbeschränkenden Maßnahmen ist überhaupt noch zulässig und bei Anwendung zu dokumentieren.

Mit der Veröffentlichung im Gesetzblatt im Laufe des Oktobers treten die neuen Rahmengesetze zur Sicherung der Lebensqualität von Menschen mit Pflege- und sonstigem Hilfebedarf in Nordrhein-Westfalen in Kraft.

Hintergrund:

  • Rund 548.000 Menschen in Nordrhein-Westfalen sind pflegebedürftig (Pflegestufen 1, 2, oder 3), bis zum Jahr 2050 wird sich die Zahl nach heutigen Prognosen verdoppeln.
  • Rund 390.000 Pflegebedürftige (71 Prozent) werden zuhause gepflegt, zwei Drittel davon ausschließlich durch Angehörige, das andere Drittel mit Unterstützung der landesweit 2.309 ambulanten Pflegedienste.
  • Rund 160.000 Pflegebedürftige (29 Prozent) leben in insgesamt 2.325 Pflegeheimen.
  • Rund 190.000 Personen arbeiten sozialversicherungspflichtig beschäftigt im Pflegebereich (ambulante Dienste, Pflegeheime, Krankenhäuser) in Nordrhein-Westfalen – ein Plus von 20 Prozent in zehn Jahren.


Bei Nachfragen wenden Sie sich bitte an die Pressestelle des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter, Telefon 0211 8618-4246.

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