Ministerin Steffens: Abschieben von Pflegebedürftigen und Demenzkranken ins Ausland wäre Offenbarungseid der Wohlstandsgesellschaft

30. Oktober 2012
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„Die Diskussion über die Nutzung preisgünstigerer Pflegeheime im Ausland zur Unterbringung pflegebedürftiger Menschen ist völlig inak­zeptabel und zeigt, wie sehr die aktuelle Pflegepolitik an den heutigen Herausforderungen scheitert“, erklärt Gesundheits- und Pflegeministerin Barbara Steffens in Düsseldorf zu der aktuellen Berichterstattung über die Unterbringung Pflegebedürftiger in billigeren ausländischen Pflegeheimen.

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Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen

Das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter teilt mit:

„Die Diskussion über die Nutzung preisgünstigerer Pflegeheime im Ausland zur Unterbringung pflegebedürftiger Menschen ist völlig inak­zeptabel und zeigt, wie sehr die aktuelle Pflegepolitik an den heutigen Herausforderungen scheitert“, erklärt Gesundheits- und Pflegeministerin Barbara Steffens in Düsseldorf zu der aktuellen Berichterstattung über die Unterbringung Pflegebedürftiger in billigeren ausländischen Pflegeheimen.

„Bis auf wenige Menschen, die ganz bewusst ihren Lebensabend im Ausland verbringen möchten, etwa weil sie als ehemalige Zuwanderer in ihre alte Heimat zurückkehren möchten, ist es der fast einhellige Wunsch älterer Menschen, in ihrer vertrauten Umgebung alt zu werden. Dieser Wunsch wird mit Füßen getreten, wenn wir den Menschen zu­muten, in Pflegeheime zu ziehen, die vielleicht mehr als tausend Kilo­meter von zuhause weg sind und in deren Umfeld die eigene Sprache nicht gesprochen wird - nur weil das für uns als Gesellschaft oder als Angehörige billiger ist. Eine solche Diskussion ist schon im Ansatz mit der Würde der Menschen nicht vereinbar und erschreckt mich zutiefst“, so Steffens.

Die Argumentation der Demenzerkrankung der Betroffenen und deren eingeschränkte Wahrnehmung des Ortswechsels, zeugt von einem völ­lig verfehlten Menschenbild. „Gerade Menschen mit Demenz haben ein unverletzliches Recht auf Selbstbestimmung. Und soweit die Rechts­ordnung Möglichkeiten vorsieht, dass andere für diese Menschen Entscheidungen treffen, muss alleine der mutmaßliche Wille der De­menzpatienten für den Inhalt entscheidend sein. Dieser Wille lautet sicher nicht, in einem Altenheim in einem abgelegenen Ort in Osteuropa oder Asien zu leben und zu sterben“, so Steffens.

„Deshalb brauchen wir keine Debatte über osteuropäische Billigheime, sondern über die Frage, wie wir unsere Quartiere hier vor Ort altenge­recht so gestalten, dass wir alle in ihnen selbstbestimmt und gut ver­sorgt alt werden können. Durch neue kleinräumigere und niedrigschwel­ligere Versorgungsangebote, bessere Prävention, bürgerschaftliches Engagement und aktive Partizipation muss und kann es uns gelingen, hier Strukturen zu schaffen, die auch finanziell und personell leistbar und zukunftsfähig sind. Ich bin froh, dass sich schon heute immer mehr Träger genau diesem Quartiersansatz verschreiben.“

Einmal mehr wird deutlich, dass der aktuellen Pflegepolitik offensichtlich nicht zugetraut werde, die Herausforderungen des demographischen Wandels zu lösen. „Ja, wir haben einen erheblichen Fachkräftemangel und eine zu große - auch finanzielle - Belastung vieler Angehörigen. Genau deswegen brauchen wir eine grundlegend andere Pflegepolitik mit einem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff, mehr und besseren Betreuungsleistungen und einem gemeinsamen Bemühen um mehr und optimaler eingesetzte Pflegefachkräfte“, so die Ministerin.

Dass es dabei zielführende Ansätze geben kann, zeigen erste Erfolge der neuen Pflegepolitik in NRW, wie beispielsweise Steigerung der Aus­bildungszahlen um rund 20 Prozent innerhalb eines Jahres durch die Einführung einer Ausbildungsumlage.

Für unverzichtbar hält die Ministerin einen Bewusstseinswandel in der Gesellschaft wie bei Angehörigen: „Wir brauchen in der gesamten Ge­sellschaft eine viel höhere Wertschätzung für all das, was eine men­schenwürdige Pflege ausmacht und was von den Menschen, die diese Pflege erbringen, jeden Tag geleistet wird. Darüber hinaus brauchen wir endlich mehr Verantwortungsbewusstsein gegenüber den älteren Men­schen, die maßgeblich unsere heutige Wohlstandsgesellschaft mit auf­gebaut und in den Familien oft jahrelang aufopferungsvoll Verantwor­tung für ihre Kinder getragen haben. Wenn trotzdem Angehörige jetzt keinen anderen Weg sehen, die eigenen Eltern mit Blick auf den eige­nen Geldbeutel ins Ausland zu bringen, wird man die Frage der persönlichen familiären Verantwortung nur sehr individuell bewerten können. Ganz sicher aber ist es der Offenbarungseid unserer Wohlstandsgesell­schaft, dass sie offenbar unfähig oder unwillig ist, solche Entwicklungen zu vermeiden.“

Bei Nachfragen wenden Sie sich bitte an die Pressestelle des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter, Telefon 0211 8618-4246.

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