Minister Remmel: Wir müssen den Wald als wertvollen Naturschatz bewahren

Waldzustandsbericht 2016: Eschensterben breitet sich in NRW aus - Verbesserung der Eiche setzt sich fort - Zustand der Buchen verschlechtert

18. November 2016

Die Landesregierung will mit einem eigenen Anzuchtprogramm das Aussterben der Esche in den Wäldern von Nordrhein-Westfalen verhindern.

Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz

Die Landesregierung will mit einem eigenen Anzuchtprogramm das Aussterben der Esche in den Wäldern von Nordrhein-Westfalen verhindern. „Beobachtungen wie jetzt bei der Erhebung zum Waldzustandsbericht zeigen, dass sich die Erkrankung der Esche bei uns zunehmend ausbreitet und den Bestand massiv beeinträchtigt“, sagte Umweltminister Johannes Remmel bei der Vorstellung des diesjährigen Waldzustandsberichtes.
So geht der zuständige Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen davon aus, dass mehr als 90 Prozent der Eschen in den Wäldern Nordrhein-Westfalens von einer europaweit grassierenden Pilzerkrankung befallen werden könnten. „Wenn wir hier nicht gegensteuern, wird die Esche aus unseren Wäldern endgültig verschwinden“, warnte Minister Remmel. Mit den privaten Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern will das Land nun gesunde Eschen ausfindig machen, um resistentes Saatgut zu sichern und dieses dann in Samenplantagen zu züchten.
 
Neben der Esche zeigt sich im aktuellen Waldzustandsbericht vor allem die Buche wegen eines erneuten Mastjahres (starke Fruktifikation) in einem schlechteren Belaubungszustand als im vergangenen Jahr. Die Eiche hingegen verzeichnet hingegen im dritten Jahr in Folge einen Aufwärtstrend. Insgesamt sind aber nur 28 Prozent aller Bäume in NRW in einem guten Zustand, etwa 29 Prozent in einem schlechten.
 
Die Waldzustandserhebung wurde im Jahr 1984 als Reaktion auf das damals diskutierte Waldsterben und die hohen industriellen Belastungen erstmals durchgeführt. In den ersten beiden Jahrzehnten des Waldzustandsberichts nahmen die Waldschäden durch Kronenverlichtung von Jahr zu Jahr zu. Erst seit dem Jahr 2000 stoppte diese Entwicklung und pendelte sich auf einem hohen Schadensniveau ein. Konnte im vergangenen Jahr eine Verbesserung des Waldzustands festgestellt werden, hat sich der Kronenzustand in 2016 in Bezug auf den gesamten Wald wieder etwas verschlechtert. „Unsere Wälder sind Alleskönner: Sie sind wichtige Lebensräume für Tiere und Pflanzen und damit Teil des wilden Nordrhein-Westfalens. Sie dienen den Menschen zur Erholung und sind Produktionsstätten für den nachwachsenden Rohstoff Holz“, sagte Minister Remmel. „Wir müssen diesen Naturschatz daher schützen und bewahren. Die Waldzustandserhebung liefert uns wichtige Daten zur Entwicklung unserer Wälder.“
 
Während bei der ersten Waldzustandserhebung noch 59 Prozent der Bäume in NRW ohne Schäden und nur zehn Prozent in der höchsten Schadensklasse waren, liegt der Anteil 2016 von Bäumen ohne Schäden, wie schon im vergangenen Jahr, bei 28 Prozent.
„Unsere Böden haben ein Langzeitgedächtnis, und auch heute finden wir noch die Spuren der industriellen Belastung der Vergangenheit. Aber es zeigt sich, dass die ambitionierte Umweltpolitik wirkt: Durch moderne Filter in den Industrieanlagen gehen die Luftbelastungen und damit auch die Belastungen in unseren Böden zurück. Der Wald heute muss neue Herausforderungen meistern, vor allem den Klimawandel“, sagte Minister Remmel.

Der Zustand der 4 wichtigsten Baumarten in der Übersicht:

Bei der Buche ist es in diesem Jahr zu einer Verschlechterung im Vergleich zum Vorjahr gekommen. Die deutlichen Schäden haben sich bei den untersuchten Buchen auf 48 Prozent verdoppelt. Ohne Schädigungen waren lediglich 17 Prozent der Buchen. Hauptursache für die stärkere Kronenverlichtung war die erneut starke Fruchtbildung der Buche. In den vergangenen Jahrzehnten wurde beobachtet, dass die Jahre der Vollmast in immer kürzeren Abständen aufgetreten sind. Trat eine solche Vollmast in der Vergangenheit in einem Jahrzehnt höchstens zwei bis drei Mal auf, werden heute drei bis fünf Vollmasten pro Jahrzehnt beobachtet. Hauptursache könnte der Klimawandel sein. So hat sich laut dem 2. Klimawandelbericht NRW, der Anfang November vorgestellt wurde, die durchschnittliche Jahresmittel-Temperatur in NRW zwischen 1881 und 2015 um 1,4 Grad Celsius erhöht.
 
Die Eiche hingegen konnte sich auch in diesem Jahr weiter erholen. Der Anteil der Bäume ohne jede Verlichtung stieg von 19 auf 30 Prozent und die Bäume mit deutlichen Schäden sanken von 40 Prozent auf 29 Prozent. „Trotz dieser Erholung in den vorherigen Jahren ist es noch zu früh, von einer Entwarnung zu sprechen. Die Eiche bleibt weiterhin das Sorgenkind unserer Wälder“, sagte Minister Remmel.
 
Seit 2013 hat sich die Kiefer in kleinen Schritten verbessert. So wurde auch in diesem Jahr im Vorjahresvergleich eine Abnahme der deutlichen Schäden von 16 Prozent auf jetzt 13 Prozent verzeichnet. Der Anteil der Bäume ohne Kronenverlichtung ist sogar von 16 auf 22 Prozent gestiegen. Wie auch in den Vorjahren ist die Kiefer in NRW die Hauptbaumart mit der geringsten Kronenverlichtung.
 
Der Zustand der Fichte im NRW-Wald hat sich Im Vergleich zu den Vorjahreswerten nur wenig verändert. Die deutliche Kronenverlichtung ist von 28 Prozent auf 30 Prozent gestiegen. Die Warnstufe sowie der Anteil der gesunden Bäume haben jeweils einen Prozentpunkt verloren. Es konnte eine mittlere Intensität der Zapfenbildung beobachtet werden.
 
„Dieses Jahr zeigt uns deutlich, dass die Vegetationszeiten immer wärmer und länger werden. Wir beobachten genau, inwieweit der Wald sich diesen neuen Bedingungen anpasst. Der Wald in NRW konnte den Stress recht gut ausgleichen“, ergänzt Andreas Wiebe, Leiter von Wald und Holz NRW. „Aber unsere Wälder aktiv an die klimatischen Veränderungen anzupassen, das ist die Mammutaufgabe des 21. Jahrhunderts für unsere Forstleute und die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer in NRW. Mit dem Wissen unserer Expertinnen und Experten gestalten wir klimaplastische Wälder mit einer angepassten Mischung aus Laub- und Nadelbaumarten. Dabei setzen wir auch auf nicht heimische Baumarten wie die Douglasie oder die Roteiche, die sich als sehr widerstandsfähig erwiesen haben und daher gut nach NRW passen.“
 
Nach den Aussagen von Lutz Falkenried, dem Leiter der Waldzustandserhebung von Wald und Holz NRW, hat sich in diesem Jahr der Zustand im gesamten Wald im Vergleich zum Vorjahr wieder etwas verschlechtert. „Dabei müssen die einzelnen Baumarten aber auch getrennt beurteilt werden. Buche und Fichte ging es in diesem Jahr etwas schlechter, Eiche und Kiefer haben sich hingegen weiter erholt. Besonders der starke Samenanhang mit Bucheckern hat 2016 das Gesamtergebnis des Waldes geprägt“, sagte Falkenried.

Verbraunte Baumkronen
Ab etwa Anfang September war vielerorts zu beobachten, dass sich Baumkronen vorzeitig braun verfärbten. Davon betroffen waren überwiegend Laubbäume, besonders sichtbar wurde es bei Ahornen und Hainbuchen. Auslöser für diese frühzeitige Herbstbild der Baumkronen war ein partieller Wassermangel in Folge der plötzlichen trocken-heißen Wetterlage ab Mitte/Ende August. Dabei dürfte auch die Sonnenintensität eine Rolle gespielt haben. Durch das abrupt auftretende heiße Wetter konnten sich die Bäume nicht gut anpassen und waren den veränderten Wetterbedingungen übergangslos ausgesetzt.
 
Weil die vorzeitigen Braunfärbungen der Blätter erst nach Abschluss der Außenaufnahmen für das Kronenmonitoring Ende August aufgetreten sind, gehen sie in die Ergebnisse des diesjährigen Waldzustandsberichtes nicht ein.
 
Weitere Informationen zum Waldzustandsbericht finden Sie hier unter: www.wald-und-holz.nrw.de.
 
Waldzustandsbericht 2016 - Bericht über den ökologischen Zustand des Waldes in NRW (Langfassung).
Waldzustandsbericht 2016 (Kurzfassung)
 
Graphiken: Video-Clip “Wildes NRW”
Video-Clip “Wälder in NRW”
 

Das Verfahren der Waldzustandserfassung

Wald bedeckt rund ein Viertel der Landesfläche von NRW. Damit stehen jeder Einwohnerin und jedem Einwohner im Schnitt rund 532 Quadrat­meter Wald zur Verfügung (Bundesdurchschnitt: 1.400 Quadratmeter). Für den Waldzustandsbericht wird jedes Jahr im Juli und August der Kronenzustand von mehr als 10.300 Einzelbäumen nach einem vorgegebenen Stichprobenverfahren von Fachleuten aus der Forstwirtschaft begutachtet. Unter Einbeziehung von Wetterdaten und der Entwicklung von Schadorganismen werden die Ergebnisse ausgewertet und im Waldzustandsbericht zusammengefasst.
 
Die Waldzustandserhebung wird bundesweit seit 1984 jährlich von den Ländern basierend auf einem systematischen Netz von Stichproben jeweils im Juli und August vorgenommen. Durch die regelmäßigen Stichprobenerhebungen beim Kronenzustand können Veränderungen erkannt und Risiken bewertet werden. Die Informationen sind eine wichtige Grundlage für forst- und umweltpolitische Entscheidungen zum Schutz des Waldes.
 
Grundlage zur Ermittlung ist ein bundesweit einheitlicher Kriterienkatalog, der unter anderem ein regelmäßiges Raster vorsieht, welches in den meisten Jahren einen Abstand von 4 x 4 Kilometer im Gelände besitzt. An den Schnittpunkten des Rasters wird durch speziell geschulte Forst-Fachleute der Kronenzustand von dauerhaft markierten Probebäumen beurteilt. Die wichtigsten Kriterien sind die Verlichtung der Baumkronen und die Vergilbung der noch vorhandenen Nadeln und Blätter sowie weitere Faktoren, die Einfluss auf das Erscheinungsbild der Baumkronen haben. Dazu zählen besonders die Fruktifikation, Insekten- und Pilzbefall, Sturm- und Wetterschäden sowie zusätzliche biotische und abiotische Schadereignisse.

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