Minister Remmel: Länder werden Aigner-Gesetz zum Antibiotika-Einsatz in der Tiermast nachbessern / Bundesrat folgt den Forderungen von NRW zur Anrufung des Vermittlungsausschusses

22. März 2013
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Der nordrhein-westfälische Verbraucherschutzminister Johannes Remmel will im Vermittlungsausschuss das zentrale Gesetz von Amtskollegin Ilse Aigner im Kampf gegen den Einsatz von Antibiotika in der Tiermast deutlich verschärfen. „Ministerin Aigner hat wieder einmal ein Gesetz vorgelegt, das viele Worte und wenig Taten beinhaltet. Mit der von ihr geplanten Novelle des Arzneimittelgesetzes würde nicht eine Tonne weniger Antibiotika verabreicht und der Vollzug durch die Länder unnötig erschwert“, kritisierte Minister Remmel. „Im Vermittlungsausschuss werden die Länder jetzt die handwerklichen Fehler von Ministerin Aigner ausbessern. Einmal mehr müssen die Länder der Bundesregierung bei einem Gesetzesvorhaben aus der Patsche helfen“, sagte Remmel nach der Beschlussfassung des Bundesrates in Berlin.

Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz
Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen

Das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz teilt mit:

Der nordrhein-westfälische Verbraucherschutzminister Johannes Remmel will im Vermittlungsausschuss das zentrale Gesetz von Amtskollegin Ilse Aigner im Kampf gegen den Einsatz von Antibiotika in der Tiermast deutlich verschärfen. „Ministerin Aigner hat wieder einmal ein Gesetz vorgelegt, das viele Worte und wenig Taten beinhaltet. Mit der von ihr geplanten Novelle des Arzneimittelgesetzes würde nicht eine Tonne weniger Antibiotika verabreicht und der Vollzug durch die Länder unnötig erschwert“, kritisierte Minister Remmel. „Im Vermittlungsausschuss werden die Länder jetzt die handwerklichen Fehler von Ministerin Aigner ausbessern. Einmal mehr müssen die Länder der Bundesregierung bei einem Gesetzesvorhaben aus der Patsche helfen“, sagte Remmel nach der Beschlussfassung des Bundesrates in Berlin. „Wir müssen die Antibiotika-Ströme in der Tierhaltung endlich vollständig transparent machen. Und wir brauchen einen konkreten Fahrplan, wie wir Antibiotika grundsätzlich aus den Ställen verbannen können. Das Aigner-Gesetz ist nicht mehr als Placebo. Wenn die Länder das Gesetz beschlossen hätten, wäre alles so weiter gegangen wie bisher.“

Der Bundesrat hat in seiner heutigen 908. Sitzung mit den Stimmen der rot-grünen Bundesländer das „16. Gesetz zur Änderung des Arzneimittelrechts“ in den Vermittlungsausschuss zu weiteren Beratung verwiesen. Ziel der Novelle der Bundesregierung sollte es eigentlich sein, die Antibiotikavergabe in der Tierhaltung deutlich zu reduzieren. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung war eine Reaktion auf die beiden umfangreichen Studien, die NRW in den Jahren 2011 und 2012 zum Einsatz von Antibiotika in der Tiermast vorgelegt wurden. Demnach kommen 9 von 10 Masthühnern in ihrer kurzen Lebenszeit mit Antibiotika in Kontakt.

Die beiden NRW-Studien und die jüngsten Lebensmittelskandale haben aus Sicht von NRW deutlich gemacht, dass dringender gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht. Allerdings kommt die Bundesregierung diesem nicht nach. Die Novelle, die zu einer Reduzierung der ca. 1 700 Tonnen jährlich in der Tierhaltung verabreichten Antibiotika führen soll, reicht bei weitem nicht aus. Remmel: „Die Bundesregierung muss sicherstellen, dass dem ungezügelten Einsatz von Reserveantibiotika in der Tierhaltung ein Riegel vorgeschoben wird. Reserveantibiotika sind wichtige Medikamente in der Humanmedizin und haben in der Tiermast nichts zu suchen.“ Weitere Kritikpunkte aus Sicht von NRW sind die Nichteinbeziehung aller Produktionsstufen, unzureichende Meldepflichten für Tierärztinnen und Tierärzte, die Verweigerung einer bundeseinheitlichen Datenbank mit Zugriff auf die Daten einzelner Betriebe sowie die Ablehnung von Ministerin Aigner, ein Minimierungsziel im Gesetz festzuschreiben. „Effektive Kontrollen sind nach dem Gesetzentwurf von Frau Aigner überhaupt nicht möglich: Wenn ein überhöhter Verbrauch dokumentiert wird, dauert es bis zu zwei Jahre, bevor eine Behörde überhaupt effektiv Maßnahmen ergreifen kann. Das ist viel zu lang“, kritisierte Remmel. Stattdessen könnte die jetzt von Ministerin Aigner vorgeschlagene Regelung dazu führen, dass die Menge der Antibiotika in der Tiermast sogar noch weiter steige.

Nachdem Ministerin Ilse Aigner erst vor kurzem die Negativ-Auszeichnung „Dinosaurier des Jahres“ des Naturschutzbundes (NABU) erhalten habe, sei jetzt durch die unzureichende Novelle des Arzneimittelgesetzbuches (AMG) jedem deutlich geworden, dass die Bundesministerin nicht immer die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher vertrete. „Vielmehr ist doch jetzt ersichtlich, dass sich Ministerin Aigner von der FDP und Lobbygruppen leiten lässt. Ansonsten hätte es einen solchen Gesetzentwurf nicht geben dürfen. Remmel: „Hier werden die schwarzen Schafe in der Landwirtschaft und beim Tiermedikamenten-Handel auch noch gedeckt, anstatt benannt.“
Ob die Blamage bei der bundesweiten Hygiene-Ampel, das zerpflügte Tierschutzgesetz, die Halbherzigkeit beim Kampf gegen Antibiotika in der Tiermast, das mangelhafte Vorgehen gegen den Finanzsektor beim Thema Altersvorsorge, die nicht umgesetzte Verordnung über Mineralöleinträge bei Lebensmitteln oder die weiterhin nicht ausreichend reglementierte Schadstoff-Problematik in Kinderspielzeug: „Wenn Ministerin Aigner jetzt nach Bayern geht, hinterlässt sie mehr ungelöste Hausaufgaben als sie bei ihrem Amtsantritt vorgefunden hat“, betonte der NRW-Minister. „Aus Verbrauchersicht war die Amtszeit von Aigner eine Enttäuschung und kein Fortschritt.“

Antibiotika-Studien des NRW-Verbraucherschutzministeriums

Durch zwei Studien hat das NRW-Verbraucherschutzministerium belegt, dass der Einsatz von Antibiotika in der Tiermast inzwischen gängige Praxis ist, die antibiotikafreie Tiermast hingegen nur noch die Ausnahme: Im November 2011 wurde durch die NRW-Antibiotikastudie erstmals in der Bundesrepublik in einer umfassenden Erhebung ermittelt, dass 9 von 10 Masthühnern während ihrer Mastdauer in Kontakt mit Antibiotika kamen.

Im Juli 2012 ergab die NRW-Verschleppungsstudie, dass Mastgeflügel in NRW offenbar auch außerhalb von Therapiezeiten und teilweise ohne tierärztliche Verordnung in Kontakt mit Antibiotika gekommen ist: In 26 von 42 (rund 62 Prozent) überprüften Ställen wurden auffällige Rückstände antibiotisch wirksamer Substanzen in Tränkwasser ermittelt.

Die Studien im Internet:

www.antibiotikastudie.nrw.de
www.verschleppungsstudie.nrw.de

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